Die Gestaltung von Kriegsgräbern und Soldatenfriedhöfen wurde erstmals im Ersten Weltkrieg durch den Gesetzgeber geregelt. Die allgemeine Wehrpflicht hatte für eine Besserstellung des Soldatenstandes gesorgt, nun wurden auch weitestgehend einfache Soldaten in Einzelgräbern bestattet. Nach Kriegsbeginn waren zunächst die Etappeninspektionen für deren Anlage und Pflege zuständig. Als sich der Krieg in die Länge zog, wurde man gewahr, dass viele Einheiten direkt hinter der Front, teils in dichten Wäldern, Friedhöfe und Denkmäler errichtet hatten.
Diese konnten jedoch nach Kriegsende nicht weiter gepflegt werden. Nach dem Krieg begann der französische Staat mit dem Auflösen kleinerer Friedhöfe und dem Anlegen von Sammelfriedhöfen. Ab 1923 folgte der deutsche Volksbund mit Umbettungsarbeiten und der Errichtung individueller deutscher Soldatenfriedhöfe in Belgien und Frankreich. Im Gegensatz zu den europäischen Nachbarn – dort gibt es staatliche Stellen für den Erhalt der Soldatenfriedhöfe – hat damit bis heute eine private, gemeinnützige Organisation die Pflege und Instandhaltung übernommen. Finanziert wird sie durch Spenden und Sammelaktionen. An dieser Stelle sei uns der Hinweis gestattet, dass auch zahlreiche Zivilarbeiter und Krankenschwestern ihre letzte Ruhestätte dort gefunden haben.
55150 Azannes-et-Soumazannes, Frankreich
D66, 55150 Azannes-et-Soumazannes, Frankreich
54260 Charency-Vezin, Frankreich
2 Rue Adrien Picart, 55110 Dannevoux, Frankreich
1 Rue Somme Arné, 08310 Saint-Étienne-à-Arnes, Frankreich
51600 Souain-Perthes-lès-Hurlus, Frankreich
Der deutsche Soldatenfriedhof im Fort Douaumont
Der deutsche Soldatenfriedhof im Fort Douaumont entstand in Folge einer verheerenden Explosionskatastrophe am 08. Mai 1916. Es ist ein Friedhof ohne Gräber und ohne Kreuze. Die eigentliche Grabstätte liegt in zwei Frontwallkasematten, deren Zugang vermauert wurde.
Nachdem das Infanterie-Regiment Nr. 24 das Fort durch einen glücklichen Handstreich übernommen hatte, entwickelte sich dieses zu einem starken Stützpunkt an der Verdun-Front.
Anfang Mai planten die deutschen Truppen den Angriff auf den Caillette-Wald südlich des Fort Douaumont. Mit der Einnahme des Abschnitts sollte eine unangenehme Flankierung ausgeschaltet werden. Am 07. Mai 1916 hatten die 19. Reserve-Division und die 5. Infanterie-Division im Abschnitt Thiaumont-Ferme (der Standort des heutigen Gebeinhauses) bis südlich Douaumont einen mißlungenen Angriff unternommen. Das II. Bataillon des Grenadier-Regiments Nr. 12 und das III. Bataillon des Infanterie-Regiments 52 waren morgens wie abends auf unüberwindbaren feindlichen Widerstand gestoßen. In der Nacht zum 08. Mai sollten die abgekämpften Infanteristen durch das Grenadier-Regiment Nr. 8 abgelöst werden.
Am frühen Morgen des 08. Mai 1916 ruhten die schon abgelösten Teile des IR 52 im Fort Douaumont. Die Kompanien des Grenadier-Regiments Nr. 8 bewegten sich durch das Fort nach vorne. Das Lazarett war mit Schwerverwundeten der letzten Tage überfüllt. Eine größere Anzahl Kranker und Leichtverwundeter hatte ebenfalls im Fort Schutz gesucht. Die Regimentsstäbe saßen im Untergeschoss um ihrer Arbeit nachzugehen.
Eine Verkettung unglücklicher Umstände führte zu einer verheerenden Explosion, die durch die Detonation im Fort abgestellter französischer Artilleriemunition ungeahnte Ausmaße annimmt.
Berichte über die Ereignisse im Fort Douaumont
Der ausgiebigste Bericht zu den Ereignissen stammt von Dr. Hallauer, Sanitätskompanie 3 (im Zivilberuf Frauenarzt):
“Als ich in den Gang trat, schlug mir eine dichte Wolke von Rauch und Schwefeldampf entgegen und ich vernahm schreckliches Wimmern und Stöhnen. Ich eilte zurück und veranlaßte das Anlegen von Gasschutzmasken – soweit solche vorhanden waren – öffnete in kurzen Zwischenräumen die Sauerstoffflaschen und ließ den Ventilator energisch in Gang setzen. Aus dem gegenüberliegenden Operationsraum der mit undurchsichtigen, gelben Rauchschwaden angefüllt war, konnten unsere Krankenträger noch einige von den frisch Operierten in den Verbandsraum hinüberschaffen. In den anderen Räumen wo die neu angekommenen Verwundeten sowie die zum Abtransport bereit lagen, war ein Eindringen oder eine Orientierung wegen der undurchdringlichen Rauchgase nicht mehr möglich. Das Schreien und Wimmern war hier völlig verstummt… Einige Leute lagen mit Knochenbrüchen im Gang und konnten noch in den Verbandsraum geschafft werden, wo sie von Oberarzt Dr. Mück und mir bandagiert wurden… Nachdem ich mich in der frischen Luft etwas erholt hatte, stieg ich wieder in das Fort und machte bei einigen in Erstickung befindlichen Kameraden Sauerstoffzufuhr und künstliche Beatmung, meist mit Erfolg. Von diesem Zeitpunkt an habe ich keine Erinnerung. Ich kam nach einiger Zeit zu mir und fand mich in dem äußersten Laufgraben des Fort, wo ich mich in der frischen Luft allmählich erholte… Ich stieg dann erneut in das Fort, um die Rettungsarbeiten in die Hand zu nehmen. Als ich durch die unterirdischen Räume ging, bot sich mir folgendes Bild: In den großen Tunnelbögen saßen einige 100 zur Ablösung geschickte, meist aus jungen erstmalig eingesetzten Rekruten bestehende Mannschaften in apathischen Zustand herum. Zwischen ihnen lagen zahlreiche Verwundete, Betäubte und Geistesgestörte. Die Kasemattengänge waren ausgefüllt mit Schutt und Toten, die zum Teil gräßlich verstümmelt waren. Arme, Beine und Rümpfe lagen umher, dazwischen zertrümmertes Kriegsmaterial. Vielen Toten war der Leib aufgerissen. An manchen Stellen lagen die Toten in 3 – 4 Lagen übereinander geschichtet. In den Blindsäcken einiger Gänge des Kellergeschosses waren die Leichen mit völlig zerschmetterten Gliedern gegeneinander gepresst und hoch getürmt. Es war offenbar, dass der Explosionsdruck sie durch die schmalen Gänge hindurch, wie durch einen Gewehrlauf, an die Wand geschleudert hat. Die Leichen waren durchweg schwarz gefärbt und mit Pulverstaub bedeckt. Rauch und Pulverdampf erfüllte fast sämtliche Gänge und Kasematten, namentlich des Kellergeschosses. Die seitlich abzweigenden Mannschaftsräume waren zum Teil leer und ohne Zeichen von Demolierung, in den anderen lagen die eisernen Bettgestelle zusammengedrückt und auf einen Haufen geworfen; dazwischen lagen die herausgeschleuderten Leichen in Schutt und Trümmern. Viele Tote saßen in hockender Stellung zusammengekauert, einige mit zur Abwehr erhobenen Arm. In Räumen, in denen an Türen und Betten anscheinend kein starker Explosionsdruck eingewirkt hatte, lagen die Toten in den Betten wie in normalem Schlaf, andere sitzend, mit Gasmaske bewaffnet; sie waren anscheinend nach langsamer Betäubung eingeschlafen. Wieder in anderen Räumen fanden sich noch Lebende, die mehr oder weniger betäubt und schläfrig waren. Es gelang mir nicht, in alle Räume einzudringen. Namentlich der Hauptgang des Kellergeschosses zwischen der Ost- und Westspitze des Forts, in dem die Explosion, wie sich später herausstellte, ihren Ausgangspunkt genommen hatte, war verschüttet und mit dickem Qualm angefüllt; auch krepierten hier dauernd Infanteriegeschosse. Ärztliche Hilfe konnte den Überlebenden am Vormittag des ersten Tages nur in geringem Umfang zuteil werden. Ein Sanitätsoffizier (Oberarzt Dr. Prätorius II./52) der während des Unglücks hinausgeeilt war, ist umgekommen.
Ein Zweiter (Ass. Arzt Wölmann) der ebenfalls den Verbandsraum verlassen hatte, ist verwundet und geistesgestört zu uns gebracht worden.
Der Dritte (Oberarzt Wolff) ist nach Überwindung der Gasvergiftung nervös zusammengebrochen. Oberarzt Müsk war sofort mit dem Rest seiner Truppe abgerückt. Sanitätspersonal war kaum vorhanden, 9 unserer Krankenträger sind anscheinend umgekommen, die übrigen Krankenträger und Krankenwärter, die zum großen Teil durch den Lüftungsschacht neben dem Verbandszimmer sich gerettet hatten, waren verstört und dienstunbrauchbar, infolgedessen blieb ich allein mit ganz wenigen Leuten für den ärztlichen Dienst zurück. Kurze Zeit nach der Katastrophe rückten Mannschaften des Leib Gren. Rgt. Nr. 8, die der Kompaniechef von Brandis von seiner in der Nähe liegenden Abteilung sofort zur Hilfeleistung geschickt hatte, ein. Die Mannschaften haben sich in hervorragender Weise an den Rettungsarbeiten beteiligt, und es gelang, eine größere Anzahl von Betäubten und Rauchvergifteten durch Herausbringen an die frische Luft und durch künstliche Atmung, zum Teil auch durch Sauerstoffzufuhr und Herzbelebung (Koffein) zu retten. Im ganzen konnten etwa 120 Mann auf diese Weise gerettet werden.
Die Rettungsarbeiten wurden besonders dadurch erschwert, dass die einzige Verbindung zwischen Osteingang und Verbandsplatz verschüttet war, so dass man jedesmal, um von dem westlichen in den östlichen Teils des Forts zu gelangen, ca 200 m auf dem Fortgraben in Granattrichtern und lebhaftem Feuer zurücklegen musste. Die im Fort vorhandenen gewesenen, in einem Raum der Pioniere untergebrachten 13 Selbstretter waren verschüttet und unzugänglich, so dass in einer Anzahl der gasgefüllten Räume nicht sofort eingedrungen werden konnte. Die Gasschutzmasken versagten. Mit größter Energie und Umsicht hat auch Leutnant Krüger von unserer Sanitätskompanie einen großen Teil der Rettungsarbeiten geleitet und wie auch schon in den Tagen zuvor in geradezu aufopferungsvoller Weise den Rücktransport der Verwundeten geleitet. In den Gängen und Räumen, die ich nacheinander systematisch absuchte, fand ich schätzungsweise 5 – 600 Tote. Da in den unzugänglichen und verschütteten Räumen die zum Teil dicht belegt waren, noch mindestens 200 Menschen sicher umgekommen sind, so schätze ich die Zahl der Toten auf insgesamt 7 – 800. Eine genaue Feststellung der Zahl und Persönlichkeit wird infolge der starken Verstümmelung auf direktem Wege niemals möglich sein. Am meisten beteiligt an den Verlusten sind:
- Infanterie-Regiment Nr. 12
- Infanterie-Regiment Nr. 24
- Infanterie-Regiment Nr. 52
- Leib-Grenadier-Regiment Nr. 8
- Pionier-Bataillon Nr. 3
- Pionier-Bataillon Nr. 23
An den Leichen habe ich mit Sicherheit folgende Todesursachen festgestellt:
Die Mehrzahl ist anscheinend durch Luftdruck momentan getötet worden (Blut aus Mund und Nase)
Viele sind fortgeschleudert, falls nicht vorher durch Explosionsdruck getötet (Knochenbrüche)
Zahlreiche sind namentlich in der Nähe des Explosionsherdes durch Sprengstücke, Steine, Kalk, zertrümmerte Gewehre, Granatsplitter, etc. getötet.
Einige sind verbrannt. Stichflammenverkohlung der Haut habe ich nicht sicher festgestellt.
Ein sehr großer Teil ist erstickt oder durch Rauchvergiftung zugrunde gegangen (rauchgeschwärztes Gesicht, kein Blut aus Mund und Nase). Bei diesen ist der Tod sicher erst nach einer gewissen Zeit eingetreten, was aus ihren Stellungen leicht zu erkennen ist. Ein Offizier hat sich durch Revolverschuss in den Kopf selbst getötet.
Schließlich muss bei sehr vielen eine besondere Gasvergiftung als Todesursache angenommen werden. Diese Leichen unterschieden sich von den Rauchvergifteten dadurch, dass ihre Gesichter und Körper, so wie die Räume in denen sie lagen, ziemlich frei von Rauch waren, besonders fiel bei ihnen die frische Farbe auf, und die gute Tension des Augapfels. Die Pupillen waren bei diesen Toten mittelweit und nicht entrundet. An den Schleimhäuten waren keine sichtbaren Veränderungen. Hier und da fand sich blutiger Schleim vor dem Munde (Lungenödem). Die Toten machten den Eindruck von Schlafenden. Ob in diesen Fällen eine Kohlenoxyd- oder eine andere Gasvergiftung vorlag, vermag ich nicht festzustellen.
Der Truppenverbandsplatz des Fort hat durch die Explosionen besonders stark gelitten. Die hier gesetzten Zerstörungen lassen retrospektiv den Vorgang der Katastrophe gut erkennen. Der Verbandsplatz liegt in der Südecke des Fort, am weitesten entfernt von den Frischluftausgängen und zwar an dem Gang des Kellergeschosses in dem die Explosion erfolgte.
Ärztliche Beobachtungen an den Überlebenden
So weit sie nicht in der Nähe der frischen Luft waren, sind sie mehr oder minder geschädigt worden, je nach der Stelle, an der sie sich befanden. Von ernsteren Schädigungen konnte ich feststellen: äußere Verletzungen, besonders Knochenbrüche und Quetschungen, ferner Verwundungen durch Sprengstücke, von denen eine Anzahl nach Stunden noch zum Tode führten. Die äußeren Verletzungen boten kein besonderes Interesse. Die Rauchvergiftungserscheinungen wurden in vielen Fällen an der frischen Luft zum Teil auch in den Kasematten nach Abzug des Qualms nach einiger Zeit überwunden. Schwere Fälle von Rauchvergiftung sind nach 1 – 2 Tagen trotz ausgiebiger Sauerstoffzufuhr und Herzbelebung tödlich verlaufen. Einer am dritten Tage durch Pneunomie. Eine große Zahl der Überlebenden bot die Zeichen einer besonderen Gasvergiftung. Bei diesen waren die Gesichter nicht geschwärzt; sie waren benommen oder unbesinnlich. Diejenigen deren Bewusstsein klar war, hatten fast alle keine Erinnerung an die Katastrophe und die vorangegangene Zeit. Die meisten erholten sich spontan; bei den etwas schwereren Fällen erst auf Sauerstoffzufuhr und Coffein. In etwa 10 Fällen erfolgte der Tod nach etwa 3 – 10 Stunden, obwohl der Puls relativ gut war, konnte trotz künstlicher Atmung und Sauerstoffzufuhr nichts erreicht werden. Drei Gasvergiftete, die in die frische Luft gebracht worden waren, sind trotz guter Atmung nach drei Stunden gestorben. Der Verlauf der Vergiftung, den ich an mir selbst und an dem Kollegen Mück in der Entstehung genau beobachtet habe, war folgender:
Erschwerte Atmung, Lufthunger, große allgemeine Mattigkeit, namentlich Schwäche in den Knien, völlig blaue Verfärbung der Lippen, ohne entsprechende Cyanose des Gesichts, Schwindelgefühl, absolute Trockenheit des Mundes in einem Maße, wie ich dies physiologisch noch nie empfunden habe. Besserung auch nicht nach Zufuhr großer Flüssigkeitsmengen, Trübung des Bewusstseins, Ohnmacht.
Nervöse Erscheinungen
Seelische Störungen konnten in großer Zahl beobachtet werden: Schocks, Verwirrungs- und Erregungszustände, Sprachlähmungen, Hysterie, Krämpfe, Tobsuchtsanfälle und verschiedene Psychosen, unter denen mir besonders Amentia auffiel. Die schrecklichen Bilder der Massenvernichtung in den dunklen, mit Pulver und Schwefeldampf erfüllten unterirdischen Gängen, der Anblick der gräßlichen zerschmetterten Leichen zusammen mit dem Stöhnen der Verwundeten, dem Röcheln der Sterbenden, das Schreien und Toben der Irrsinnigen steigerte das Grauen nach der Katastrophe bis zum höchsten Maß menschlicher Widerstandskraft. Bezüglich der Ursachen und des Hergangs der Explosion sind folgende Tatsachen von Wichtigkeit.
Am 07. Mai wurde der Geruch von Flammenwerferöl wahrgenommen. Die Flammenwerfer standen, soweit ich mich erinnere, nahe dem Südausgang in demselben Korridor des Kellergeschosses, indem französische 15 cm Granaten lagen.
Schreien und panikartiges Rennen in den Gängen kam, wie ich mit absoluter Sicherheit weiss, zustande, noch bevor eine stärkere Detonation oder stärkerer Luftdruck zu spüren war. Diese erfolgten erst einige Minuten später und zwar 3 x in kurzen Abständen.
Der Herd der Explosion war in dem Haupteingang des Kellergeschoßes in dem Südostost-Sektor des Forts. Hier ist in die Erde ein etwa 2 m tiefes Loch gerissen, das sich mit Wasser gefüllt hat. 30 m nach Osten entfernt ist das gewölbte Dach des Kasemattenganges eingestürzt, der Gang verschüttet und eine massive Steintreppe fortgerissen. In diesem Teil des Ganges haben etwa 100 französische 15 cm Granaten, von denen zur Zeit nur noch 35 vorhanden sind. Große Granatsplitter lagen unmittelbar in der Nähe herum. Deutsche Gasminen sind in dem Fort ebenfalls vorhanden gewesen. Aufgrund meiner Beobachtungen und der mir zugegangenen Berichte habe ich über den Verlauf der Katastrophe folgende Vorstellung:
Zuerst Entzündung von Flammenwerferöl, wahrscheinlich durch Umgehen mit Gaskochern; Brandwirkung; ungeheure Rauch- und Rußentwicklung; Verbrennung einzelner Mannschaften; bei zahlreichen anderen Rußschwärzung des Gesichts, Panikrufe: “Die Schwarzen kommen!!”. Werfen von Handgranaten gegen die vermeintlichen Schwarzen und dadurch Explosion von Gasminen und Granaten.
Mit Rücksicht auf das in die Erde gerissene Loch wird von Einzelnen die Ansicht vertreten, das das Fort an dieser Stelle unterminiert war, die Sprengung jedoch nur unvollkommen gelungen ist. Es ist in der Tat auffallend, dass in der Umgebung des Sprengloches weder an der Decke noch an den Wänden des Ganges Granatsplitterwirkung festzustellen ist. Die erstgenannte Darstellung hat meiner Ansicht nach die größere Wahrscheinlichkeit für sich, um so mehr, als zweifellos nach einer Unterminierung ein sofortiger Sturmangriff des Gegners erfolgt wäre, dem ein Widerstand nicht hätte entgegengesetzt werden können. Nach gemeinsamer Beratung mit einem Leutnant der im Graben liegenden MG-Abtlg. wurde ein sehr lebhaftes Feuer auf die feindliche Linie eröffnet. Die von uns veranlasste Meldung der erfolgten Katastrophe mit Hilfe von Lichtsignalen gelang nur teilweise. Kenntnis erlangte die Division erst durch Offiziere und Mannschaften, die sich nach hinten gerettet hatten.
Fort Douaumont, 10.05.1916
gez. Hallauer Stabsarzt, San. Kp 3; III. AK
Anmerkung des Verfassers zur Lage des Lazaretts:
Das Lazarett lag frühzeitig in der Südwestecke des Fortsuntergeschoß und verblieb dort bis 24. Oktober 1916. Im Fort Douaumont gibt es ein irreführendes Hinweisschild im unteren Hauptgefechtsgang, das aussagt, das das Lazarett sich im 3. Untergeschoß befunden hätte. Ein 3. Untergeschoß gibt es nicht.
Dr. Benno Hallauer leitete ab 1913 als Gynäkologe und Geburtshelfer eine private Frauenklinik am Schiffbauer Damm 31/32 unweit der Charité in Berlin Mitte. Kurz vor Ende des Weltkrieges erlitt er eine Gasvergiftung und nahm nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst seine Tätigkeit in der Klinik wieder auf, die weit über Berlins Grenzen bekannt war. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 war auch die jüdische Familie Hallauer den Repressalien gegen Juden ausgesetzt. Zunächst durfte Dr. Hallauer weiter praktizieren, bis er 1937 durch das Landgericht Berlin wegen “heimtückischer Verleumdungen des Führers” zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wurde. Während der Haftzeit wurde die Klinik zwangsversteigert, seine Approbation ihm entzogen. Mehrere Versuche, auch auf Antrag aus dem Ausland, zu emigrieren, scheiterten.
Die Familie Hallauer wurde zunächst nach Breslau deportiert. Dr. Hallauer arbeitete in einem zum jüdischen Ghetto gehörenden Krankenhaus in der Wallstraße. Wann genau Dr. Benno Hallauer und seine zweite Frau in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und ermordet wurden, ist leider nicht bekannt. Um den Sommer 1943 wurden alle “Judenhäuser” in Breslau geräumt und die Bewohner des jüdischen Ghettos von Breslau in Auschwitz ermordet.
Heute steht das zum Deutschen Bundestag gehörende Marie-Elisabeth-Lüders-Haus am Spreebogen auf Höhe Schiffbauerdamm/Berliner Mauerweg.
Der Soldatenfriedhof im Fort Douaumont kann nur im Rahmen einer Besichtigung des Forts besucht werden.