Heinrich Wilhelm Koch – Galizien

April – September 1915

Anmerkung:
Nach 105 Stunden Fahrt quer durch deutsches Gebiet, erreichte der Transport Neu-Sandez  (heute Nowy Sącz/Polen) in Galizien am 22. April. Nahezu 5 Monate verblieb das Regiment nun im Osten. Es nahm ab der Durchbruchsschlacht bei Tarnow – Gorlice teil und verfolgte die russischen Truppen bis über Brest-Litowsk  hinweg. Heinrich, seit Mai mittlerweise als  Fernsprecher eingeteilt, sorgte für das Verlegen der verschiedenen Kabelleitungen. Bei der Batterie traten die ersten Verluste ein.

27. April (Dienstag)
Ich liege hinter meinem Quartier Hause auf dem Rasen zwischen den Gräbern, denn hier ist der Kirchhof von Alt Sandez in den Karpathen Galiziens. Am 22. Dienstag kamen wir in Neu-Sandez an nachdem wir durch Slyesien über Bunzlau, Weisswasser, StraßeGörlitz, Liegnitz, Ratibor, Oderberg, Teschen, Bielitz gefahren waren. Jetzt machen wir jeden Tag eine Fahrübung. Dann ist mal Waffenappell oder in Koppelzeug usw. Das Leben hier ist ganz schön, nur muß man sich in acht nehmen, daß man von den Juden nicht übers Ohr gehauen wird. Hier bei uns liegen eine Masse deutscher Truppen, mehr Deutsche als Österreicher, viel schwere Artillerie, das erste Bataillon der (…) 2 Batterien der (…) und unser Bataillon Mörser, die anderen Haubitzen. Unser Major ist jetzt Oberstleutnant geworden.

Zugfahrt nach Galizien

28. April
Heute morgen 8 Uhr alles los nach Neu Sandez dann nach Grybow, dort schliefen wir unter Zelten.

29. April (Donnerstag)
Morgens Stellungsbau in Gorlice. Abends mühsames in Stellung fahren neben Feldartillerie.

2. Mai (Sonntag)
Nach Einschießen gestern Abend eine furchtbare Kanonade auf den Russen. Gorlice brennt und wird von den Russen geräumt, die sich fluchtartig zurückziehen. Ich konnte den Kampf gut beobachten da ich derweil auf Beobachtung war, und dann noch abends im alten öster. Schützengraben.

3. Mai (Montag)
Aus Stellung fahren. Marsch durch das zerstörte und teilweise noch brennende Gorlice durch die Furt eines Flusses (Ropa?) Nicht weit davon sollten wir auf einem Kornfeld in Stellung fahren, doch die Russen konnten wir mit den Geschützen nicht mehr erreichen, da sie zu schnell flohen. Wir sollen schon 36 000 Gefangene, 34 Geschütze erbeutet haben u.a. Material. Dann wurde biwakiert, d.h. auf offenem Boden gepennt.

4. Mai (Donnerstag)
4 Uhr morgens Abmarsch ohne Essen (Glücklicherweise gab´s gestern Abend ein Brot) bis auf etwas Kaffee in Richtung Rozdziele. Um 3 Uhr plötzlich Befehl zu Feuern zur Unterstützung der Verfolgung und Brechen des Widerstands, da eine russische Division gegen uns kommen soll. Schon nach 5 Schuß aus dem Geschütz kamen wir von 6600 auf 9400. Die Russen müssen 4 Beine haben. Abends wird an vielen Biwakfeuern Kaffee abgekocht.

5. Mai (Mittwoch)
Heute morgen sollte alles losgehen, da wurde der Befehl zurückgenommen. Die 4er protzten wieder ab. Kaum wars geschehen, da kam der Befehl zum zweiten male. Mittags war Rast, es gab Brod und gutes Essen. Abends kamen wir in Jaslo an. Endlich bekam ich wieder ein Ei. Nachts schliefen wir prächtig auf den Wrilachs (Relax?) der Fahrer, die bei uns schliefen.Da morgens am Timigred (an diesem Tag waren wir ganz naß am Hemd?)

6. Mai (Donnerstag)
Kam urplötzlich der Befehl, in 1 Stunde mußte alle marschbereit sein, Es hieß die Russen kommen. Doch wir marschierten sorglos weiter vorwärts mit (Kamerad Zugtau)Noch vormittags standen alle 3 Batterien schußbereit zum Feuern auf den Feind. Draganowa.

Heute Abend wurde uns mitgeteilt, 128000 Russen gefangen mit 771 Geschützen und 4 Maschinengewehre außerdem viel Bagage und Kriegsmaterial, Flugzeuge, Automobile usw. und zwar zwischen 2 km und 6 km. Hier und da waren wir dabei.

7. Mai (Samstag)
Schläfrig legten wir uns auf die andere Seite, als wir auf einmal ganz plötzlich gestört wurden durch den Befehl Stellungswechsel. Nun aber Zelte abreißen und alles fertig machen, war eins (… ) vor wars. Die Geschütze wurden noch näher und geschützter aufgestellt. Jetzt sitze ich am Kochloch und warte sehnsüchtig, bis die Suppe fertig ist. Neben uns schlachtete Infanterie, da gab es einen Knochen, bei den Bauern Kartoffeln. Das soll schmecken. Jetzt fehlt mir das Brod. Heute gibt’s und ich habe keins mehr, trotzdem ich bei den Bauern fouragiert habe.

7. Mai (Samstag)
Heute Mittag ging´s wieder los. Als es dunkelte wurde abgekocht und wieder weiter (Wietrzno) marschiert. An einem Fluß mußten wir einen Umweg von über 1 Stunde machen um ihn gut zu passieren. In dem Ort auf der anderen Seite übernachtet. Wietrzno-Rowne.

8. Mai (Sonntag)
Morgens weiter bis nach Rymanow, da kurz links um gegen Norden. Im nächsten Dörfchen zwei Stunden Rast dort verschafften wir uns Eier und Brod. Dann gleich Gürtel um Rohr ein und geschossen. Am Abend gabs Brod und zwar echtes bryoches Weißbrod – Trzesniow.

9. Mai (Sonntag)
Diese Nacht schliefen wir endlich wieder unter einem Dach in einem Heuschuppen. Mittags gings nach Bahnhof Rymanów und darüber hinaus weiter. Vor einem Dorf fuhren wir in Stellung und sandten den Russen eiserne Brocken nach. Turze Pole.

10. Mai (Montag)
Diesen Morgen regnete es, zudem war der Aufbruch so plötzlich, daß wir unser ganzes Strohlager lassen mußten. Beim nächsten Ort brachten wir mit vieler Mühe auf schlechtem und schmalem Weg unsre Geschütze in Stellung. Nachher versank der erste Gürtelwagen im sumpfigen Straßengraben und beim Herausholen fiel noch ein Pferd hinein. Außerdem wären wir heute beinahe bis zum Schützengraben gefahren. Mittags ging’s wieder aus Stellung und bis auf Rymanów zurück, wo das Bataillon wieder zusammengestellt wurde, denn seit dem 8ten waren wir der 11. Bayerischen Division zugeteilt.

11. Mai (Dienstag)
Um 7 Uhr wurde wieder abmarschiert. Es heißt, es ginge gegen Tarnów wieder zurück über Bahnhof Rymanów. Gestern Abend bekamen wir statt Brod zwei Beutel Zwieback, ob das reicht für zwei Tage, oder muß wieder gefastet werden. Jetzt gilt’s Marsch. Nachdem wir das breite Tal passiert hatten, kamen wir wieder ins Gebirge. Gegen Abend passierten wir ein schönes kleines Städtchen, wo von den Juden Eier, Brödchen, B(…), Brod und Speck feilgeboten wurden. Der gemachten Erfahrung gemäß, wurden sie nach Noten beschwindelt. Im nächsten größeren Ort machten wir Halt für heute. Unser Gürtelwagen mußte Wache schieben.

12. Mai (Mittwoch)
Immer weiter. Ins Gebirge, über hohe Steigungen mit unsern matten Pferden bei einer großen Hitze. Um zwei Uhr Ankunft in Błażowa. Da wuschen wir uns tüchtig. Wie wohl das tat. Ich hatte keinen richtigen Genuß davon, da es mir mordselend war.

13. Mai (Donnerstag)
Himmelfahrt, sonst ein freier Tag. Heute wäre es für uns beinahe ein sogenannter Ruhetag geworden. Die christl. Bewohner besuchten die Kirche, die unserm Biwakplatz gegenüberstand. Wir marschierten um 1 Uhr wieder ab und marschierten 13 Stunden lang durch, mit seltenen und kurzen Rasten bis …

14. Mai (Freitag)
…morgens um zwei Uhr, wo wir in Warszawska  ankamen. Wir bauten kein Zelt mehr: jeder schlief, wo er Platz fand. Ich schlief unter dem Wagen. 7 Uhr ging’s wieder weiter vorbei an dem schönen Schloß, wo jetzt das Kriegskommando ist. Der lange Nachtmarsch hat alle sehr angegriffen, doch jetzt sollen wir nicht mehr so weit gehen. Ist das ein Land, wo es keine Eisenbahnen gibt? Wir waren glücklich, als wir nach immerwährendem Auf und Ab glücklich die Dächer von Przeworsk sahen. Da sollen die Russen noch gestern Mittag gewesen sein.

15. Mai (Sonntag)
Heute sollen wir nur den S… ? kommen, was jeder von uns mit Freude begrüßt. Schon gegen 10 Uhr kamen wir in einem kleinen Ort in dem wir in Stellung gingen und mit großem Vergnügen auf die Russen zu br…ten?, die sich in der vorliegenden Stadt Jarosław festgesetzt hatten und sich hinter dem dahinter vorbeifließenden Samfluß verschanzt hatten.

16. Mai
Ohne daß wir es wußten, sind in unserm Ort mehrere Fürstlichkeiten einquartiert, darunter Prinz Eitel. Die Russen sollen die Stadt schon geräumt haben. Ich freue mich schon auf unsern Einzug, denn hier werden wir wieder eine Bahn sehen. Heute Vormittag machte der zweite Zug Stellungswechsel, nachmittags folgten wir. Vor der Bahn gingen wir an einer Ziegelei in einer Lehmgrube in Stellung.

17. Mai (Montag)
Hier an der Bahn hatten sich die Russen kolossal verschanzt, viele Deutsche lagen da umher, viele verheiratete Leute mit Ehering, viele hatten das Bild der Gattin, der Braut, das der Kinder vor sich liegen, ein Zeichen, daß sie ihren Tod vor Augen sahen. Auf der anderen Seite war der Friedhof, ein wahres Trümmerfeld von Infanteriekugeln zerstörten Grabdenkmälern. Rechts an einer Eisenbahnunterführung war ein Infanteriewerk meisterhaft von den Russen eingerichtet worden.

Rohrwagen beim Übergang auf einer Pontonbrücke
Zitadelle Brest-Litowsk
Zitadelle Brest-Litowsk

18. Mai
Die Russen sind jetzt aus Jaroslau heraus. Deshalb gingen auch wir vor (Vorher gab es noch ein Bad hier, 6 Mann). Hier hatten sich die Russen wie bei Gorlice festsetzen wollen. Gut ausgebaute Schützengräben, Drahthindernisse waren angelegt worden. Doch wir sind Deutsche und keine Österreicher. Jaroslau ist eine schöne Stadt mit prachtvollen Gebäuden und Eisenbahn. Doch ist die Verbindung noch nicht hergestellt, da die Russen die wichtigen Brücken alle gesprengt haben. Hinter Jaroslau fließt der Samfluß von mittlerer Breite; auch hier ist die Brücke von den Russen gesprengt. Neben den Trümmern haben die Pioniere eine neue Pontonbrücke für schwere Fahrzeuge gebaut, dabei wurden sie noch heftig von einem Maschinengewehr beschossen. 5 Tote und 28 Verwundete auch zahlreiche zerschossene Pontons war das Resultat. Nicht weit von uns sahen wir am Horizont schon die weißen Schrapnellwölkchen. Langsam setzte sich unser Zug nach dem nächsten Dorf in Bewegung, das sich hinten aus Bäumen hervor schaute. Vor dem Dorf wurde links aufmarschiert, anscheinend zu einem Halt. Auf einmal krach: bumz, krach: bumz, platzten 2 Granaten links neben der Straße; rechts standen wir.
Sofort kam der Befehl zum Abprotzen. Hinter dem Dorf gingen wir in Stellung. Hier wäre ich beinahe wegen einer Hasenjagd auf Strafwache gekommen.

19. Mai (Mittwoch)
Als wir heute morgen Kaffee holen wollten, hatten die Fahrer schon allen ausgetrunken und wir guckten in die Röhre. Eine entsetzliche Hitze herrscht heute, glücklicherweise kam gegen Abend ein Gewitter mit etwas Regen, das uns erleichterte.

20. Mai ( Donnerstag)
Schon wollten wir uns gestern Abend der guten Ruhe hingeben; da mußten wir die Fahrzeuge marschbereit machen und zur Batterie bewegen im Fall eines Stellungswechsels nach rückwärts. Die Russen sollen und haben auch große Verstärkungen geholt. Dann konnten wir schlafen doch sozusagen feldmarschmäßig ohne Tornister. Die Pferde blieben die Nacht durch angeschirrt. Es ereignete sich aber nichts, doch war die ganze Nacht heftiges Infanteriefeuer.

Morgens hörten was geschehen war; Österreichische Maschinengewehre sollen eine, in Marschkolonne sich nähernde russische Division niedergemacht haben. Daß die Russen aber immer noch heftigen Widerstand leisten wollen beweist die aber ziemlich zahlreiche Artillerie und die Fliegerbesuche. Heute morgen erschien ein solches und warf ganz in der Nähe unsers Lagerplatzes einige Bomben, zum Lohn wurde es heftig von Maschinengewehr und uns beschossen.

Dieser Tag sollte eigentlich sechsfach unterstrichen werden denn heute Abend gabs die erste Post. Ich hatte allerdings noch nichts dabei habe aber die Gewissheit, daß jetzt auch was für mich kommt.

21. Mai (Freitag)
Bis jetzt haben wir ununterbrochen unter Zelten geschlafen jetzt sollen wir es uns gemütlich machen. An einem Hang zu einem kleinen See herunter wird etwas Erde senkrecht abgestochen die Zeltbahnen kamen schon darüber. Wenn wir noch lange hier sind werden wir uns bald wieder so wie in der Champagne fühlen. Post ist da auch Liebesgaben Zigarren und Zigaretten. Wenn wir noch lange hier sind! Aber am 23. soll die Garde abgelöst werden, weise Köpfe sagen wir mit. Auch spricht es sich bei uns herum daß die Franzosen bei Arras 20 km weit vorgekommen sein sollen. Anscheinend sollen wir hier länger bleiben denn heute Abend bauten wir auch eine schöne Offiziersbude. Nach dem Lohnungsappell gab es auch Post und da wurde auch ich bedacht. Die Karte war sonderbarerweise aus der Elsau. Von Heute bekomme ich eine Zeitung.

Abends las ich daraus noch die Beschreibung unsers Sieges bis Gorlice vor und dann legten wir uns auf das Strohlager und schliefen müde ein.

22. Mai (Samstag)
Schon um ½ 4 wurden wir aus dem Schlaf geweckt mit der äußerst unliebsamer Nachricht, daß wir Stellungswechsel machen sollten. Wir wolltens garnicht glauben bis wir wirklich überzeugt waren. Dann ging es zurück nach Jaroslau zu.Viele stimmten schon einen Freudenjubel an als es zum Bahnhof ging. Aber auf einmal bogen wir rechts ab und fuhren Pruchnik und damit Przemyśl zu. Um 10 Uhr kamen wir an einem Ort an wo wir Halt machten. Reis mit Büchsenfleisch kochten wir uns selber. Nachmittags ging der erste Zug vor, unterdessen baute ich Zelt auf. Als dann die andern kamen, mußten wir aber wieder abreißen und zur Batterie bringen, da Gürtelwagen und Bedienung in Batterie sollten. Müde und ziemlich verärgert kamen wir da an. Dann mußten wir aber (um 10 Uhr ungefähr) zur Beobachtung, d.h. um diese zu bauen. Dabei bekam ich noch ein Kabel auf den Ast geladen. Morgens.

23. Mai (Pfingstsonntag morgen)
Um 2 Uhr mußte aufgehört werden, weil es hell wurde. Zelt wurde nicht mehr aufgebaut. So fing der Pfingstsonntag an. Zu Hause gibt’s wohl etwas besonders Gutes. Ich bekam heute nichts. Die andern nur einen halben Zug (ich war ausgetreten und wußte nicht, daß es was gäbe). Ruhe hatten wir ja den ganzen Tag, aber Kohldampf schoben wir auch. Vom Brod das ich gestern von einem Sanitätsfeldwebel erhielt (wir teilten es uns natürlich), ist nichts mehr da. Den Rest habe ich als Mittagessen mit Salz gegessen.

Schon kam abends wieder die Bescherung. Unsere 2 Gürtelwagen mußten wieder zum Beobachtungsbau,  noch 2 Beobachtungsstände und 2 Untertreträume und alles eindecken. Um ½ 2 Uhr war auch das fertig und wir zu Hause.

24. Mai
So fing der Pfingstmontag an. Unsere Batterie hat jetzt für jedes Geschütz 60 Schuß und so geht seit 5 Uhr das Bombardement. 3 Stunden soll es dauern, 1/3 der vorhandenen Munition soll für die letzte Stunde aufgespeichert werden. Neben uns ist eine Sammelstelle der Pioniere, die heute nacht Schützengraben zwischen unsrem und dem russischen Schützengraben ausgehoben haben. Die haben schon starke Verluste. Was sich zeigt, wird von den Russen mit Maschinengewehrfeuer empfangen. Schwere Geschütze der Russen sollen auch hier stehen, man sagt 28 cm (?) Wir sind eben hier vor dem Fortgürtel vor Przemyśl, 14 km nur davon entfernt, von Przemyśl selbst sind wir 21 km entfernt. Die Russen wollen aber hier fest sitzen bleiben.

24. Mai
Dann Heute Mittag wurde Stellungswechsel gemacht, doch gings nur ein Stück weit. Mittags wollten wir wieder requierieren, das sahen wir wieder eine Menge gefangener Russen. Darunter sogar höhere Offiziere. In dem Dorf konnten wir nur wenig bekommen. Die Bevölkerung ist durchaus russenfreundlich. Und doch kommt wieder Stillstand in unser Zug wenn wir sehen, wie heute mittag ein Wagen die Straße heraufkam mit verwundeten Frauen und einem Kind.

25. Mai (Dienstag)
Das Dorf, Lowce mit Namen ist ein richtiges Straßendorf. Heute fuhren wir wieder eine schöne Straße und verlegten die Sammelstelle weiter vor, wo der zweite Zug in Stellung war. Abends ging es wieder auf einer Straße gegen Jaroslau zu, dann bogen wir wieder gegen Przemyśl zu. Morgens um 2 Uhr gingen wir in Stellung. Dann mußten wir diese ausbauen, so daß wir gegen 8-9 Uhr fertig waren.

26. Mai (Mittwoch) Das war heute morgen. Wieder einmal die Nacht durchmarschiert. Nachdem wir heute morgen wieder mit etwas Mühe die Geschütze in Stellung gebracht hatten, bauten wir (wie schon einseitig gesagt) die Geschütze, nur geschoßtert? ein. Um 9 Uhr gingen wir dann nach der 3 km weiten Sammelstelle, wo wir uns unter den Wagen legten und pennten bis zum Mittagessen. Kohldampf war auch wieder in ausreichendem Maße vorhanden, so daß mir dieses vorzüglich schmeckte. Beim Antreten nachher wurde ich als Fernsprecher eingeteilt und mußte mit Procozius Leitung vor Batterie zur Sammelstelle legen.

27. Mai (Donnerstag)
Diese Nacht habe ich prachtvoll geschlafen und erwachte heute morgen bei einem prächtigen Sonnenschein. Während die andern antreten, Bombensichere Unterstände bauen, Wasser schleifen, liege ich frei auf der faulen Haut und schaue zu.

Die Sache wäre so zu ertragen, wenn es nur mehr zu essen gäbe. Wir Soldaten haben immer Kohldampf und wenn das Kochgeschirr leer ist, guckt man hinein und hat noch nicht genug. Heute Mittag gab’s Dörrgemüse mit Kartoffeln und einem schönen Stück Rindfleisch. Schmeckte gut, aber nachher meldete sich wieder Kohldampf an. Dann gab’s Post und hier bekam ich eine Postkarte von Edith aus Linx und eine Zeitung von Mülhausen mit der Aussicht auf eine Hartwurst und einer Gratulation zu unserm Tag in Gorlice. Doch habe ich wieder kein Paket. ….

Ja, diese Essenssorgen! Welcher Vergleich zwischen hier und der Champagne. Dort hatten wir genug und klagten doch noch. Hätten wir nur das Schmalz, das wir in Frankreich so oft zuviel hatten. Das ist eben das Schlimme. Wenig Brod und nichts dazu, das uns das ersetzen könnte. Man kocht sich Kartoffeln und hat kein Fett um sie sich braten zu können. Jetzt will ich aber schreiben und Fett und Schokolade bestellen. Denn auch Schokolade fehlt uns sehr. Mir sogar sehr stark, andere haben eine Leidenschaft für Zigarren und Zigaretten, ich für Schokolade und zu kaufen gibt es das hier nicht.

28. Mai (Freitag)
Ein feiner Regen kam heute fast den ganzen Tag vom grauen Himmel herab. Nicht desto weniger kochte ich mir Leber, die ich von K. bekam, und Kartoffeln, das war ein prachtvolles Essen, besonders da ich sonst nichts mehr habe. Die Russen sollen, wie ich heute Morgen am Apparat erfuhr, das Dorf Dunkowice geräumt haben, nebst den anschließenden Höhen. Das ist aber noch nicht alles. Das Gerücht ist ziemlich stark, daß die Kriegsfreiwilligen, die das Einjährige haben, zur Infanterie sollen. Andere sagen auch, wir sollen nur einen Offizierskurs in der Heimat mitmachen. Auf jeden Fall ist was los, denn heute morgen mußten die Anzahl der Kriegsfreiwilligen mit dem Einjährigen beim Bataillon namhaft gemacht werden. Wir sind 14 Stück, die in Betracht kommen. Schade, wenn ich aus der Batterie fort muß. Aber doch tut jeder von uns «Mit Gott, für König und Vaterland» seine Pflicht, auch bei der Infanterie.

29. Mai (Samstag)
Heute morgen gab’s österreichischen Zwieback. Dazu konnte ich auch noch Milch zum Kaffee bekommen und so hatte ich ein ziemlich gutes Morgenessen. Darauf war Appell in eisernem Bestand. Natürlich fehlten wieder verschiedene Fleischkochwaren, die bekommen 2 Tage lang kein Fleisch. Beim Waffenreinigen darauf hörte man’s an verschiedenen Orten bumsen. Anscheinend konnten verschiedene ihren Laut/Lauf/ nicht anders reinbringen. Jetzt weiß ich aber auch, was es mit den einj. Kriegsfreiwilligen für eine Bewandtnis hat. Wir sollen zu Gefreiten befördert werden, dann in der Heimat einen Kurs durchmachen und wahrscheinlich zur Infanterie kommen. Heute Mittag wurde Fehr zur Beobachtung kommandiert. (Heute gibt’s aber feine Butter und sogar noch Käse)

30. Mai (Sonntag)
Am Sonntag werden anscheinend bei uns immer die Hauptschläge vollführt, denn heute Mittag 11 Uhr setzte eine 36 stündige Kanonade auf das Fort11 ein von allen schweren Batterien. Hinter uns stehen sogar 2 Motormörser. Heute gab’s wieder ein 1/3 Brod, damit muß man sich wieder zufrieden geben. Für die Pferdeverluste, die wir bei den Märschen hatten, kamen heute 34 Ersatz-Pferde von blauen Fahrern gebracht. Die werden Bogen spucken, wenn sie wieder nach Straßburg zurückkommen!

31. Mai (Montag)
Ununterbrochen wurde gestern undwieauch heute Munition in Batterie gebracht. Gegen abend waren die Rohre richtig glühend. Abends machte ich mir gerade Bratkartoffeln, da kam der Befehl marschbereit machen. Doch wir rückten noch nicht ab und ich konnte meine Bratkartoffeln in Ruhe verzehren. 3 Zwischenwerke hat unsere Infanterie erobert und 300 Gefangene mit 1 Fahne zu Gefangenen gemacht, eine Anzahl unbeschädigter schwerer und leichter Geschütze, Maschinengewehre, 2 Feldküchen usw erobert, der Sturm auf das Hauptfort aber soll gescheitert sein.

1. Juni (Dienstag)
Erste Verluste
Deshalb wurde erst heute morgen Stellungswechsel gemacht. Um 3 Uhr nahmen Procozius und ich Leitung auf nach Batterie. Da ereignete sich beim Ausstellung fahren wieder etwas ganz gewöhnliches für uns, die zweite Lafette fiel in den Graben. Nach 3 Stunden hatten wir sie draußen. Nun verließen wir den Ort Duńkowice in dem wir die 2 Tage waren und marschierten ungefähr 5 km weit auf Przemyśl zu. Nachdem die Geschütze in Stellung waren nahm ich das Kabel auf den Rücken und legte mit Uoffz. Poznansky und Bruch Leitung zur Sammelstelle, die ungefähr 1 ½ Km hinter der Stellung in einem kleinen Wäldchen liegt, wobei wir über Geschoßlöcher, verlassene Schützengräben und Drahtverhaue hinüberturnen mußten.

Der heutige Tag ist für unsre Batterie ein Trauertag geworden. Fernsprecher Wiesemann wurde schwer durch einen Kopfschuß verwundet und kurz darauf Fahrer Schleihdt vom Beobachtungswagen leicht durch Halsschuß. Die Beobachtung befindet sich vor dem Fort 8, in dem noch unbeschädigte schwere Turmgeschütze der Russen stehen. Außerdem soll noch ein Blindgänger von Nummer 42 stecken. Nebenbei bemerkt sollen unsere Mörser glänzend gewirkt haben. Abends mußte ich noch in dunkler Nacht dem Draht entlang zur Batterie traben, da die dortigen Fernsprecher versäumt hatten mich zu benachrichtigen, daß die Leitung nicht besetzt war.

2. Juni (Mittwoch)
Heute morgen sitze ich allein am Apparat, denn Procozius ist für den armen Wiesemann zur Beobachtung gekommen. Wer für ihn hierher kommt, weiß ich noch nicht. Gestern Abend kamen noch 8 Säcke Post für unsre Batterie an. Heute morgen wurde sie verteilt und da bekam ich 7 Zeitungen und 2 Päckchen. Eines von Tante Barb mit Speck und etwas Brod, und eins von Papa mit Schokolade. Die ersten Päckchen. Heute war überhaupt so ein Tag, der mit goldnen Lettern geschrieben werden sollte, denn an dem konnte man sich wieder ordentlich satt essen. Unser 2er verwundeter, Schleihdt, spendete noch Kuchen; Zwetschgen. Schaprian gab auch noch Kuchen und eingemachte Gurken, abends gab er uns noch Fett zum braten von Kartoffeln, die mir vorzüglich gelangen und auch schmeckten, so gut wie noch nie. Auch gab es noch Speck abends zum Kakao.

Nach dem Mittagessen ging ich in Batterie, um etwas zu holen. Auf dem Rückweg kam ein wohl erfrischender, aber auch etwas unangenehmer Regen.

Unsere Batterie scheint jetzt vom Unglück verfolgt zu sein, denn heute Mittag stand Uoffz. Stachoviak vom cy? neben der Mündung seines Geschützes, da zog Kanonier 1, Gerosch, ab, Stachoviak platzte das Trommelfell, wahrscheinlich kommt er weg, ebenso wie Klauß, sein Richtkanonier, der sich kurzer Zeit darauf einen Finger zerquetschte. Heute hat unsre Batterie ganz entsetzlich gepulvert. Abends mußten noch die beiden Batteriechefs zum Oberstleutnant.

3. Juni (Donnerstag)
Schon heute morgen um 1 Uhr wurde ich geweckt und mußte eine Kabeltrage an den Fernsprecher geben, die Beobachtung vorlegen müssen. Um 2 Uhr erschien ein Offizier von der Brigade und wollte zum Oberleutnant geführt werden. Um ½ 3 Uhr mußte schußbereit gemacht werden, Befehl vom General, um 3 Schußbereitschaft gemeldet werden, und ½ 5 Uhr kam der Befehl zum Marsch bereit machen. Augenblicklich harren wir der Dinge, die da kommen sollen.

Vor uns auf der Landstraße werden 986 Russen mit 9 Offizieren durchgeführt. Wichtiger ist aber noch: Przemyśl soll gefallen sein. Auf eimal kam der Befehl, daß die ganze Batterie zurückgezogen werden solle. Bruch und ich nahmen Leitung auf, dabei sahen wir noch wie unser erster Rohrwagen auf den Rinken legte, die Rohre.?

Mittags badete ich in dem kleinen Bach und wusch meine Mütze. Als ich dann wieder kam, suchte Uffz. Ihlo Leute, die freiwillig mitwollten, eine russische Goulashkanone von Fort XI holen. Auf dem kleinen Küchenwagen fuhren wir hin. Da kamen wir an dem für den armen Wiesemann verhängnisvollen Ort vorbei, wo ihn die tödliche Kugel erreichte. Vor dem Fort liegen ziemlich steile, stark befestigte Höhen, die von den Russen wegen des schweren deutschen Artilleriefeuers geräumt worden waren. Dann kamen wir zum Fort. Auf der Höhe links liegt Fort XI, rechts Fort X, beide verbunden durch starke Zwischenwerke. Nun kommt man den Hügel herauf, durch die starken eisernen Drahthindernisse, die stellenweise durch 30,5 Treffer zerrissen sind. Dann kommt ein tiefer, mindestens 25 m tiefer Graben eine durchlöcherte Mauer mit noch sichtbaren Ausbesserungsstellen von der ersten Belagerung. Dann gelangt man ins Fort. Die höheren Teile sind von schweren Treffern ganz umgestürzt. Gewaltige Betonmassen sind umgestürzt, herausgerissen und auf den Hof hinter der Fortanlage geschleudert worden. Sogar die Hinterfront weist Treffer auf. Im Hof liegt ein 42cm Treffer, es hat ein gewaltiges Loch in die Ausfahrt, die im Drahthindernis gelassen worden ist. Durch den Haupteingang betreten wir das Fort. Da steht schon die Goulaschkanone, eine österreichische, die von den Russen erobert worden war und jetzt von uns erobert ist. Wir fuhren sie gleich heraus. Dann machten wir den Rundgang durchs Fort. Ein Bild der Zerstörung und Unordnung. Verwundete Russen liegen noch in den Gängen. Dann kommt der Hauptgang. Ein paar Schritte nach links und oben aus der Decke guckt ein Blindgänger von 42 cm heraus. Die Eisenschienen der Decke sind stark verbogen. Zum Hauptgang heraus und rechts auf den Wall herauf, dann kommt man zur Vorderfront. Kleine Turmgeschütze stehen noch dort in der Stellung, wie die Bayern daraus schossen nach der Erstürmung des Forts. Ich ging hinein und betrachtete mir die 8 cm Kanonen in Verschwind Lafetten von Skoda (demnach hatten die Österreicher doch nicht alles zerstört, als sie Przemyśl übergaben). Nun wurde es aber Zeit, daß wir wieder gehen. Über die Trümmer weg suchen wir uns wieder den Weg zu unsrer eroberten Kohldampf Abwehrkanone. Mit aller Anstrengung fuhren wir sie heraus auf die Straße über die Feldbahngeleise. Massenweise lagen noch österreichische Ausrüstungsgegenstände umher: Gewehrsmunition, Maschinengewehrbänder, Granaten und Schrapnells, auch Kartuschen. An der Straße standen noch gegen 10 – 12 ganz alte Geschütze mit Holzlafette und eisernem Rohr. Prachtvoll eingerichtete Wohnungen hatten sich die Russen hier gebaut mit Mannschaftsraum, Offiziersraum und Küche. Nun rüsteten uns wieder zur Heimfahrt.

Wir hatten vermutet, daß unterdessen der Befehl zum Abrücken gekommen wäre, aber dem war nicht so. Die Kohldampfabwehrkanone wurde mit Hurra begrüßt.

Abends gab es noch Speck von gestern, auch ein halbes Brod, dann hatte mir die Post zwei Zeitungen und ein Päckchen mit einer Wurst gebracht. Dann legten wir uns unter den Wagen und pennten prächtig. Zelt wollten wir nicht bauen, da wir jede Minute abrücken können.

4. Juni (Freitag)
Aber heute morgen waren wir doch wieder da. Die Zeit nutzten wir und besuchten die 42 cm  Mörser, die im Dorf standen. Gewaltige Dinger sinds,wie unsre Mörser, natürlich etwas größer waren die. Gewaltige Motoren von Benzol getrieben stellen die Zugkraft. Der Lafettenschwanz ruht allein auf einem Wagen. Nachher mußten wir Fernsprecher noch Kabel umrollen. Mittags sollten wir abrücken doch es war ein Irrtum wir bleiben und abends gabs wieder Brod, Speck, Butter und Schnaps. Dann setzte aber ein Gewitterregen ein. Wohl hatten wir vorher unser Zelt gebaut, es stand aber bald unter Wasser. Nach dem Regen wurde der Schaden wieder k(o)uriert und alles war gut.

5. Juni (Samstag)
Unser großer Reisetag ist gekommen und so gings heute Morgen los und zurück wieder durch Dmytrowice nach Radymno an Motormörsern vorbei auf Jaroslau wieder zu. Alles träumte von Verladen, doch wir bogen an der Straße nach Jaroslau ab und marschierten Lubaczów zu. Erst ging es über den San-Fluß, dann kamen wir in ein wunderbar gelegenes Dorf mit einem schönen Schloß, das jetzt von einem Generalstab bewohnt wird. Hier stellten wir unsre Fahrzeuge auf. Wegen der drohenden Gefahr von Cholera wurden wir wieder einmal geimpft. Jetzt sind wir wieder der Garde zugeteilt, augenblicklich aber überflüssig, denn die Russen sind stark gelaufen und feste Stellungen sind nicht zu nehmen.

6. Juni (Sonntag)
Der heutige Tag brachte mir eine große Überraschung: ich wurde zum Gefreiten befördert, außer mir noch Fehr, Szinzel, Schulz, Scharer, Baldamus, Richmüller. Ein Ziel ist erreicht. Von allen Seiten wurde uns gratuliert. Heute Vormittag mußten Fahrzeuge gereinigt werden, da Oberst Balm uns besichtigen wollte. Er kam aber nicht und wir gingen mittags im San baden, während über uns die Flieger ihre Runde machten. Unsre vortreffliche Haltung als wir mit Gesang durch den Ort zogen, imponierte den hohen Herren sichtlich, und wir bekamen auch ihr Lob ausgesprochen.
Jetzt heißt es wieder, daß die Garde für die Österreicher 15 km von unserem Ort eine Hauptkampfstellung baue. Dann soll die Garde, zu der wir wieder gehören, abgelöst werden und wir mit.
Heute gab’s wie gestern wieder 1/3 Brod, dann Speck und Schmalz. Zigarren und Zigaretten erwähne ich gar nicht, denn die verteile ich doch sofort.
Schon hatten wir’s uns heute abend bequem gemacht, so kam der Feldwebel und fragte: «Habt ihr euch schon beim Hauptmann gemeldet?» Wir natürlich sofort umgeschnallt, Helm auf und zum Hauptmann und dort gemeldet. Er war sehr freundlich, drückte jedem die Hand und sagte: «Die erste Stufe hätten Sie ja erreicht. Machen Sie so weiter!» und er entließ uns. Zur gleichen Zeit war Uoffz. Wormanns zum Vizefeldwebel befördert worden und Uoffz. Efinger Obgef. Rammsteiner, Schulz,  Formike? hatten die Bad. Dienstmedaille bekommen.

7. Juni (Montag)
Heute war nichts besonderes. Uoffz. Fabarczyk und Leutn. Rodenwald hat das Eiserne Kreuz erhalten.

8. Juni (Dienstag)
Heute morgen mußten wir die Pferde der B.A. (Berittenen Abteilung) im San in die Schwemme reiten, wobei sich manches ergötzliche Sinkchen ereignete. Mittags badeten wir in einem Nebenfluß des San, das Wasser war schön warm aber ging kaum bis zu den Knien. Dann kauften wir noch bei einem bayrischen Marketender Lebkuchen usw bis es uns verboten wurde.

9. Juni (Mittwoch)
Mit Fußdienst fing es heute an, weil Exz. von Plettenberg (General Karl von Plettenberg) kam, Ehrenbezeugungen erwiesen bekam. Zur allgemeinen und meiner besonderen Freude bekam ich 2 Pakete. Paket 10 von zuhause mit Wurst und Schokolade, und ein Paket von Tante mit Zwieback, Wurst und Landjäger.Heute herrschten überall Gerüchte, daß wir zurück nach Breslau sollen, um von da, nach einer mehrtägigen Ruhe vor Warschau zu kommen. Diesem Gerücht wurde aber zäh die Spitze abgebrochen als wir heute Mittag um 5 Uhr von Wysoko, wo wir die paar Tage lagen, abrückten und über Łazy vorgingen. Jetzt kamen wir in eine Gegend, die langsam den Charakter der Wahner Heide annahm, Staubsand mit Heidegras und hohe Fichtenwälder. Abends gingen wir vor einem Waldrand in Stellung. Dann pennten wir bei unsern Wagen in Sammelstelle bis zum andern Morgen wunderbar.

10. Juni (Donnerstag)
Nachdem wir uns den Schlaf aus den Augen gerieben hatten, tranken wir Kaffee und aßen, dann mußten wir antreten. Ich wurde wieder Fernsprecher der Sammelstelle. Uoffz. Posnanski und Bruch legten Leitung, ich blieb am Apparat. Abends hörte ich, wie sich unsre Batterie auf 97-00 mit neunter Ladung auf feindliche Batterien anschoß nach Flieger Beobachtung.
Zum Schlafen spannten wir eine alte Leinen Pferdedecke über unser Fernsprechamt in freier Luft und schliefen ebenso wie gestern ungestört, bis der nächste Tag einbrach.

11. Juni (Freitag)
Wieder einmal ein Gerücht, noch einmal vor bis zum nächsten Ort Stellungswechsel, dann doch noch nach Breslau. Man sieht, die Batterie scheint eifrig besucht zu werden. So hieß es zum Beispiel vorgestern Abend, der König von Italien wäre ermordet worden. Die Hauptfrage ist also, daß 21 Sack Post angekommen sein sollen, auf deren Verteilung wir natürlich ungeduldig sind. Und richtig, sie übertraf alle Erwartungen. Ich bekam 5 Packetchen von Tante Barb mit Speck, Wurst, Landjäger, Kuchen und Brödchen, Bonbons, Schokolade, Kandiszucker, dann noch 11 Briefe mit alten und neuen Zeitungen von zuhause. Im Ganzen ließ ich mir die Sachen gut schmecken. Abends gabs zu allem Überfluß noch ein ganzes Brot, morgen solls Wein geben. Dann legten wir uns wieder auf unser weiches Mooslager, inmitten hoher, schöner Tannen, wickelten uns in die Decken. Fernab, im Dorf Zaleska Wola, spielte die Musik der Garde heitre Weisen und so schliefen wir ein, von Musik und den Tönen der sangeslustigen Vogelwelt eingewiegt.

12. Juni (Samstag)
Heiter lachte uns heute Morgen der schöne Junimorgen ins Gesicht, und neckten uns die goldigen Strahlen der neu erwachten Morgensonne, als sie sich zwischen den schattigen Fichten hindurchdrängten. Freudig rieben wir uns den Schlaf aus den Augen und dachten, wie schön ist doch das Leben im Wald in Gottes freier, fröhlicher Natur. Alles atmet frohes, wieder erwachtes Leben, hier ist Friede. Dann aber schweift unser Blick nach dem Osten, wo nur einige Kilometer von uns zeitweise dumpfes Geschußrollen und Gewehrknattern herübertönt. Da herrscht ein andrer. Bleich sitzt er da und blickt teilnahmslos auf die, deren treue Herzen soeben im letzten Kampf fürs Vaterland ausgeschlagen haben. Vor ihnen liegen aber andre, das Gewehr im Anschlag, die wachsamen Augen auf den Feind gerichtet, gewärtig ihr tapfres Leben fürs geliebte Vaterland in die Schanze zu schlagen.
Und hier ist tiefe Ruh, Waldesruhe. Neben mir liegen ein paar Kameraden und erzählen von ihren Lieben zu Hause, von der Heimat, dann kommt wieder das große Sehnen nach Deutschland, nach dem lieben Elsaß, und mir kommt unwillkürlich Geibels Gedicht in den Sinn: «Heimweh»:
«Noch keinem ward zu dieser Stunde
Von deiner Allgewalt die Kunde,
Der pilgernd nie aus seinem Ohr
Der Muttersprache Laut verlor,
Der nie an fremder Tür gesessen,
Der Fremde bittres Brot gegessen.»
Doch ununterbrochen rollt das Rad der Zeit weiter.

13. Juni (Sonntag)
Nachdem wir 3 schöne Tage hier verlebt hatten, kam heute morgen der Befehl zum Stellungswechsel. Wir nahmen Leitung auf und zogen der Batterie nach, die auf einer Wiese Halt machte. Da wurde auch Mittagessen ausgegeben. Dann gings weiter, natürlich nicht ohne Zwischenfälle. 4 Brücken hielten uns auf, daß wir erst am Abend ankamen in der Stellung. Ein Geschütz rutschte einen Hang hinunter, ein andres lang durch eine Brücke. Dann strengte ein hohes D(…) die Pferde ungewöhnlich an, so daß wir kilometerweise ( …) Zugtau mußten. In dem Dorfe F(…) gingen wir abends in Stellung, dann wurde noch Bet(t)ung gelegt und abends schliefen wir wieder im Freien am Apparat.

14. Juni (Montag)
Ziemlich verfroren, wachten wir diesen Morgen auf. Die Temperatur hatte sich stark abgekühlt und ein kalter Wind wehte. Doch bald kam die warme Sonne durch das Gewölk und weckte die Erde wieder aus dem Schlaf zum Leben. Hier werden wir wohl nicht so lange bleiben. Unsere Batterie pfeffert tüchtig drauf los, auch die 10. Batterie ist wieder bei uns. Den gefällt’s bei den Österreichern besser, sie bekommen dort Wein, Zigaretten, Lebensmittel. Die Russen sind jetzt wieder am Durchbrennen. Gefangene sagten heute morgen aus, sie hätten geglaubt, es wäre Frieden, da hätten wir wieder geschossen. In Gruppenkolonne sind die aber gelaufen.

Schon abends marschierten wir wieder ab durch Fehlbach, Busko. Vor dem Ort wurde biwakiert. Schon lag ich schön im Zelt, da kam der Befehl, Bruch und ich sollten die Leitung zur Brigade besetzen für die Nacht. Mit einem schönen Schlaf war´s demnach vorbei. Zudem hat sich das Wetter seit gestern so stark abgekühlt, daß es wirklich im Freien ungemütlich wurde und noch dazu nachts.

15. Juni (Dienstag)
Der grauende Morgen sah uns schon wieder auf dem Marsch, jetzt durch ein schönes Hügelland, das auch mit Wald und Wiesen bestanden ist. Doch erschwert ein tiefer Staubsand immer noch die Fahrt. Wir fahren deshalb jetzt auch mit Gürtel umgelegt.
Mittags kommen wir nach B(…)ka. Zahlreiche Anzeichen einer schnellen Flucht der Russen, denn Waffen usw. lagen wieder umher. Schon machten wir uns bereit zum Empfang des Mittagessens, da kam der Befehl: Rohr verlegen. Vor dem Dorf fuhren unsere beiden Batterien in Stellung. Dann erst konnten wir ans Essen denken. Nachmittags legten Bruch und ich Leitung zur 200 m entfernten Sammelstelle. Schon gegen Abend sollte Stellungswechsel sein, doch nur die 10. Batterie ging fort. Abends sollte ich noch mit meinem Gürtelwagen auf Wache kommen, doch da ich gestern gewacht hatte, brauche ich jetzt nicht.

16. Juni (Mittwoch)
Schon um 2 Uhr war Wecken und um 3:30 Uhr gings aufs neue hinter den Russen her. Über grüne Hügel durch herrliche Waldungen auf freudigem Weg. Und über uns hängt ein schöner Wolkenhimmel, der beinahe aussieht als wollte er … … … verkünden. … … sieht die Landschaft verklärter auf im Sonnenschein. Gegen Mittag kam der Befehl zum «In Stellung fahren»; bald waren wir Schußbereit und kamen nicht zum Schuß, denn die Russen liefen zu schnell. Dann mußten wir halt weiter … noch durch den Sand, bis wir auf einmal, bei einem kleinen Städtchen (wo die Russen heute Morgen die Brücke über ein Flüßchen gesprengt haben) auf eine Kunststraße ersten Ranges kamen. Hier nahmen wir den Gürtel von den Rädern, die seit dem 13. nicht abgelegt hatten. Welch eine Wohltat laufen zu können, ohne daß man bei jedem Schritt auf den Boden schauen muß, damit man nicht stolpert oder fehltritt. Auf einem schönen Platz im Wald wurde biwakiert. Zum Schluß gabs dann noch Post und da wurde ich nicht schlecht begabt mit Schokolade, Wurst, eine Büchse mit eingemachten Heringen, Eiern, im ganzen 4 Packete (von Tante Barb, Onkel Herry und Papa) und gegen 8 Zeitungen, 2 Postkarten und ein Brief.

17. Juni (Donnerstag)
Mit einem wunderbarem Marsch durch stämmigen Fichtenwald auf guter Straße setzten wir unser Weg fort. Um 10 Uhr ungefähr kamen wir in einen großen Ort, der fast vollständig verbrannt war, die Trümmer rauchten jetzt noch. Gestern Abend sah man in der Entfernung den gewaltigen Brand. Mittags hielten wir auf einer schönen Hochfläche die eine weite Fernsicht nach allen bot. Von Niemirów, dem letzten Städtchen, erinnere ich mich einer kleinen Geschichte. An einer Ecke fuhren unsre Fahrer natürlich wieder falsch und über die Straße weg, so daß ein Rad einsank. Auf dem freien Feld stand ein Klavier unter geretteten Sachen und ein Musikkünstler unter den anwesenden Feldgrauen spielte: „Noch ein bischen tiefer…“ Alles lachte. Nach der Mittagspause ging es wieder ein Stück weiter. Schon schien es, daß wir gar nicht in Stellung fuhren, aber bald wurden wir eines Besseren belehrt. Hinter einem Wald fuhren wir auf. Die Sammelstelle blieb dicht dabei. Ein schönes weiches Lager von Stroh und Tannennadeln gab uns hier diese Nacht eine gute Ruhe. Ich hatte heute Abend mir einmal etwas ganz außergewöhnliches gemacht. Eier mit Speck.

18. Juni (Freitag)
Gleich nach dem Aufstehen holte ich Kaffee und wusch mich, jetzt sehe ich ganz verändert aus. Dann gings Backen wieder los. Die übrigen Eier wieder mit Speck und einige zerdrückte gekochte Kartoffeln. Dann drückte man sich so herum reinigte Waffen, verpackte den Rucksack neu usw bis zum Mittagessen. Das war alles für den Tag. Abends gabs noch Post 2 Zeitungen dann 1/3 Brod, 2 Zigarren u 1. Zigarette.

19. Juni (Samstag)
Heute morgen mußten wir beim Schießen mithelfen. Schon früh gings los, sodaß ich noch nicht eínmal gegessen hatte. Dafür dankteich zu einer Zeit weg, wo nur wenig gefeuert wurde. Jetzt feuern wir auf 5900. Dennoch werden wir wohl noch bis abends bleiben. Die 28 cm, 10 cm, Haubitzen alles ist zum Stellungswechsel vor.

Aber die Russen scheinen hier fest sitzen zu wollen. Hinter ihrem Rücken ist die strategische Base Lemberg – Rawarucko (Rawa-Ruska) und die ist für die Russen von hoher Bedeutung. Aber schon jetzt, wo ich dieses schreibe, sind die Russen wieder auf der Flucht, und am Mittag gingen auch wir wieder vor.

Während wir von einer Stelle den weiteren Befehl erwarteten, sah ich mir den 28 cm Küsten-Mörser an, der auf der anderen Seite stand. Gebaut ist er wie unser Mörser ist aber von Motoren besetzt. Eine ganze Batterie von 80 Mann ist an dem einen Geschütz und die brauchen 2 Stunden um es in Feuerbereitschaft zu bringen.
Auf dem Weitermarsch kamen wir an stark (Höhe 320) befestigten Feldstellungen der Russen vorbei, die diese ohne Kampf verlassen hatten, glücklicherweise, wahrscheinlich wegen des Artilleriefeuers.
Abends sind wir glücklich in Magierów. Ich ging auch noch durch das Städtchen. Es ist ein Schutthaufen.

20. Juni. (Sonntag)
Den heutigen Ruhetag sollten wir auch in Ruhe verbringen, eigentlich, also…Die Russen waren weitergelaufen und hatten sich am Bahndamm festgesetzt und wir mußten durch. Glücklicherweise hatte ich mich und auch einige Taschentücher im schönen Wasser gewaschen.
(Zu erwähnen hatte ich beinahe vergessen ein drolliges Erlebnis mit einem kleinen Jungen. Es war gestern abend und heute morgen. Er erzählte er wäre aus Mähren und zuerst mit den Österreichern dann mit der Garde gelaufen. Er war höchstens 13 Jahre alt.)
Schon von mittag ab waren wir wieder in Stellung auf den noch rauchenden Trümmern verbrannter Häuser.
Auch der heutige Tag hatte sein Erlebnis. Breukner entdeckte Honig und zusammen mit Sirsen, Herz gingen sie hin und hoben ihn aus. Umgeben mit einem Kopfschützer, vor dem Gesicht einen Sandsack, im Mund eine Zigarre schöpfte er heraus. Im ganzen brachten wir 5-6- Liter heraus. Der Bauer wird staunen, wenn er seine Bienenzucht so zerstört findet. Die Einwohner sind aber hier stark russenfreundlich, es sind schon Übergriffe von Einwohnern gegen verwundete Soldaten konstatiert worden.
Jetzt sehen wir wieder einmal österreich-ungarische Truppen: Ungarische Kavallerie in großer Zahl, wohl zur Verfolgung bestimmt. Heute abend bekam unsre Batterie wieder 3 neue Ritter des Eisernen Kreuzes, Sergeant Schwanz, Uoffz. Redinger und mein alter Schlafkollege aus Elsau Wilke.

21. Juni. (Montag)
Sommeranfang fing mit Regen an. Deswegen ließen wir uns nicht verdrießen und machten doch Kartoffelsuppe und Hühnchen, Kalbsfuß mit Eiern.
Um 9 Uhr war Lohnungsappell das letzte mal bekamen wir allerdings mehr außer den 5,30 M noch 5,30 M als Beutegeld. Post soll auch wieder da sein und dann geht’s ja noch bei aller Beschränkung ganz gut.
Beim Lohnungsappell verkündete der Feldwebel Rosc?, daß wir zugunsten der armen (…) eine Sammlung veranstalten (…) gab 10 M. Abends gabs dann die Post, aber ich hatte nur einen Brief. Nachher bekamen wir aber Speck, den wir morgen zu Mittag bekommen sollten. An dessen Stelle gabs Rindfleisch, da wir ein Rind geschlachtet haben. Bier gibt’s nur 1/5 und einen Sack Zwieback. Nach einem Divisionsbefehl müssen sich die Truppenteile hier einige Tage selbst beköstigen, darum haben wir, unsre Bedienung-Privation nur einen Sack Kartoffeln geholt. Auch für die Küche wurde schon verschiedentlich requiriert. Es scheinen sich wieder gewisse Sachen abzuspielen mit den Kriegsfreiwilligen die das Einjährige. bzw. Abitur haben. Einige sagen es sollen welche nach Jüterborg. Gestern mußten wir wieder angeben, wer diese Zeugnisse besitzt.

22. Juni (Dienstag)
Regen, langweiliger Regen grauer Himmel sind die Merkmale des heutigen Tages. Nach meiner Wache heute morgen briet ich mir das Fett aus, das ich gestern von dem geschlachteten Tier bekommen hatte. Dann ging ich ins Zelt wollte ich schreiben, doch wir mußten antreten, aber es war nichts besonderes. Mittags kam ein Ulan, der an einem Riemen einen Ruthenen führte, der anscheinend auf deutsche Soldaten geschossen hatte aus dem selbstgefertigten Gewehr zu schließen, das er in der Hand hielt. Von einem aus der 10. Batterie bekam er eine gereicht, daß er zurücktaumelte.

Währenddessen hatte sich das Wetter aufgeheitert und der Feldgottesdienst vom Divisionspfarrer der 2. Gardedivision verlief sehr schön. Er sprach vom Beten und von dem Grundsatz, daß das Sanitätspersonal keinen Feind kennen sollte, als solches,

Dies ist schon der dritte Tag, daß wir an dieser Stelle liegen ohne einen Schuß abgegeben zu haben. Die Russen sind 20 km zurückgezogen. Wir liegen hier wohl in Reserve. Besonders nötig scheinen wir hier nicht mehr zu sein, die Russen sollen als gesamte Artillerie 2- 18 cm und 4 Feldgeschütze stehen haben. Darum tauchen auch wieder Verladepläne auf. Langsam senkte sich die Sonne zum Horizont und stiller wurde es. Aus weiter Ferne hörte (…) dumpf ein Schuß herüber, da drang auf einmal durch die tiefe Abendstille Glockengeläute. Ihr freudiger Ton rief allen die frohe Kunde zu: „Lemberg ist gefallen“

Bis in die Nacht hinein hörte man noch die frohen Klänge einer Musikkapelle. Heute brachte uns die Post wieder einmal Schokolade. Auch sonst gings heute. Brod gabs und Butter und dann machte ich mir noch 2 Pfannen Bratkartoffeln die mir prachtvoll schmeckten.

23. Juni (Mittwoch)
Eine allgemeine Freude erfüllte uns alle, als wir um 11 Uhr den Befehl zum Stellungswechsel bekamen. Das Faulenzerleben war uns satt. Auf einer sandigen Straße gingen wir  in Richtung Nord-Nord-West (im ganzen betrachtet) vor. Abends kam zum allgemeinen Erstaunen der Befehl: Rohr einlegen, und wir fuhren in Stellung beim Dorf Dachy.

24. Juni (Donnerstag)
Doch schon diesen Morgen wurden wir von dem Alarmruf: “Stellungswechsel“ geweckt. Geschossen hatten wir noch nicht. Bald waren wir wieder auf dem Marsch und zwar auf Rawaruska zu. Bei Kamionka Wołoska fuhren wir über ein ganz versandetetes Flüßchen. Mittags wurde vor der Höhe 216 (die 269) abgekocht.

Auf dem Marsch wurden schon verschiedene Gerüchte verlautet, daß wir verladen würden aber wir waren schon zu sehr auf das eindressiert. Da sagte unser Trompeter, daß wir wirklich verladen werden sollen. Er will es von den Offizieren haben. Trotzdem sind noch viele da, die nicht daran glauben wollen. Wohin sollte es denn eigentlich gehen? Vor Warschau? nach dem sonnigen Italien? Schon wurde das Gerücht wieder dementiert.

25. Juni
Bis zum andren Morgen um 1 Uhr blieben wir hier und da hieß es schon allgemein vor fahren in Stellung. Als die schwarzen Umrisse der Fahrzeuge sich aus dem trüben Morgennebeln abhoben marschierten wir in die Morgenfrische hinein auf Rawa-Ruska zu. Plötzlich in einem Wald wars, fuhren wir zur Überraschung in Stellung. Nicht weit hörte man Gewehrknattern, vor uns war die Bahn. Schon mittags wurde geschossen. Auch die Russen antworteten lebhaft. Abends ging ich auch in die Stadt hinein, teils zum Anschauen mehr aber zum Einkaufen. Alles wimmelt von Juden. Vorräte waren da, und ich kaufte Speck, Brod und Eier.

26. Juni (Samstag)
Schon Stellungswechsel. Über die unbeschädigte, eingleisige Bahn gings nach Rawa-Ruska hinein. Dichtgedrängt standen die „feiertäglich“ gekleideten Juden vor ihren in den deutschen und österreichischen Farben prangenden Häusern und staunten uns an. Nun gings nach Stunden zur Grenze die von Rawa-Ruska nur 15km weit entfernt ist.

Mittags hielten wir an einem Wald und blieben auch dort.

27. Juni (Sonntag)
Früh gings los, aber bald hielten wir wieder auf der Straße. Links auf dem Feld hatten die 204er Feldgottesdienst. Alles ist begierig die russische Grenze zu überschreiten doch hier heute sollten wir bleiben.

28. Juni (Montag)
Das diesmalige Nachtlager war nicht gut gelegen. Ein feuchter, beinah sumpfiger Boden war unser Lager das fühlten wir auch als wir wieder abzogen. Jetzt sind wir in Lubycza 8 km von der Grenze. Unser Weg führte durch einen hohen, prächtigen Tannenwald. An Lichtungen vorbei mit hohem saftigen Gras auf einer guten Straße. An diesem Abend konnten wir uns einen ungewohnten Luxus erlauben, nämlich uns baden. Dann machten wir noch einen Rundgang durch den Ort. Wir besahen uns die gesprengte Eisenbahnbrücke, die ganz unten eingestürzt liegt, dann die Station und die Geleise auf denen der Verkehr dadurch unmöglich gemacht waren, daß Weichen und Zungen gesprengt oder entfernt worden waren. Die Bewohner des Ortes haben stark unter den Russen gelitten, gegen 260 Personen sollen an den Folgen von Drangsalierungen durch Russen gestorben sein. Es sind eben Juden. Das Brod und der abendliche Rundgang hatte uns gut getan und meine Leibschmerzen vertrieben.

29. Juni (Dienstag)
Um 2 Uhr gings los zur Grenze die 8 Km von Lubycza entfernt ist. Belzek ist die Endstation, der in Rawa-Ruska beginnenden Bahn. Dann kam der österreichische Grenzpfahl und schließlich der russische. Um 8 Uhr morgens überschritten wir die russische Grenze. 4 Kilometer von der Grenze liegt ein freundliches kleines Städtchen, das erste auf russischem Gebiet. Schon wollten wir uns hier bequem machen, da hieß es auch schon wieder: „Fertig machen, und, Batterie Marsch“.
Eine wunderbar feste Straße führte nach Norden über waldige Höhen mit stämmigen Wäldern an Sägewerken vorbei. Bald kamen wir an die Infanteriereserven und der Kanonendonner wurde gut vernehmbar.

Um 5 Uhr, genau 12 Stunden nachdem wir die russische Grenze überschritten hatten, jagten wir in Rußland den ersten Schuß heraus (9100). Dann kamen noch 2 und dann war Feuerpause und Rohr frei. Die 10. Bt. schoß garnicht. Als Kuriosum muß ich noch erwähnen, daß ich heute Abend Hammelbraten aß.

30. Juni (Mittwoch)
Schon um ½ 4 Uhr gings wieder los und zwar mit Hochdruck. Gestern hatten wir 25 km zurückgelegt. Jetzt ist der Kanonendonner gar nicht hörbar. Infanteristen sagen es wäre 25-30 km zur Front.

Wir haben Mittagsrast gemacht und jetzt solls weiter gehen. Die Hauptsache wenn die Verpflegung und die Post weiter so nachkommt wie bis jetzt. Heute morgen bekam ich auch 2 Päckchen mit Schokolade, Kuchen, Fußlappen, Speck usw. Kann man gebrauchen. Brod hab ich auch noch über 2 Stück aufgespart. Es gab nämlich in der letzten Zeit wieder ½. Abends kamen wir an eine Stadt und dann gingen wir in Biwak. Das erste was ich tat war mich waschen denn von dem Straßenstaub und dem Schweiß hatte ich eine richtige Kruste bekommen.

1. Juli (Donnerstag)
Erst heute früh, als wir wieder vorgingen, erfuhr ich, daß diese Stadt Samostje (Zamość) sei. Samostje zerfällt in einen neuen und einen alten Stadtteil. Zwischen beiden sind noch Reste von alten Festungsanlagen mit Graben, Wall und schmutzigen Kasernen, die alle noch aus der Polenzeit herstammen.
Zuerst kamen wir durch den alten Stadtteil und vor den Festungswallen gingen wir in Stellung. Aber wir kamen nicht zum Schuß, wir benutzten die Zeit zum Requirieren. Als wir abends dann auch Neu-Samostje passierten, hatten wir die Fahrzeuge bepackt mit C(..), Zucker in Würfel, Staubzucker und Kristall, Seife und dergl. Einem Juden, der seinen Wagen verlassen mußte, um ein zerbrochenes Rad zu ersetzen, wurden 8 Doppelzentner bestes Kristallzucker geklaut. Trotzdem er sich zum Platzkommandant wandte, sah er nichts wieder. Diesmal kamen wir endlich wieder einmal durch eine richtige Stadt, schöne Häuser und Villen und auch wieder einmal feine Menschen.
Auf einer der prachtvollen, mit Ziegelsteinen gepflasterten russischen Heerstraße verließen wir nach Westen der Stadt. Stellenweise lag sogar noch Förderbahngeleise, auf einer langen Strecke lag der Unterbau.
Nach einem Marsch von ¾ – 1 Stunde bogen wir wieder nördlich ab auf einen staubigen Feldweg und gingen in einem schönen Dörfchen an einem Gemüsegarten in Stellung, neben der Kirche. Abends herrschte bei uns noch lebhafte Beschäftigung, Schweineschlachten und Ganzausnehmen. Deshalb waren wir froh, als wir unsre müden Glieder aufs weiche Stroh unterm schönen Zelt strecken konnten.

2. Juli (Freitag)
Meine Hoffnung wieder mal gründlich auszuschlafen wurde auch gründlich getäuscht. Denn schon 2 Uhr mußte ich raus. Leitung legen zur Division in Wólka. Glücklicherweise blieb ich am Apparat in Batterie die anderen legten Leitung, 6 km lang. Als sie fertig waren kam der Befehl zum Wiederaufnehmen die Batterie wurde marschbereit gemacht. Nach dem Lohnungsappell kochte ich mir Lunge und Kartoffelsuppe. Als ich mit allem fertig war kam der Marschbefehl. Auf derselben Straße gings weiter bis ans nächste Dorf wieder in Stellung. Abends legte ich mich dann nach einigen guten Koteletts im Freien aufs Stroh mit dem guten Vorsatz richtig zu schlafen. Und wirklich habe ich den Schlaf dieses mal genossen.

3. Juli (Samstag)
Den heutigen Morgen füllte ich damit aus indem Bruch und ich Hühnersuppe kochte. Im besten Kochen riß uns ein Befehl zum Leitung aufnehmen heraus, doch wurde er glücklicherweise bald wieder zurückgenommen und wir konnten wieder kochen.
Die Russen sitzen hier kolossal fest. Diese Nacht sollen sie ein Inf.Bataillon beinahe gefangen genommen haben; nur unter großen Verlusten haben sie sich durchgeschlagen. 300 Verwundete der Major tot.
Das erste Geschütz wurde noch vormittags bis ans Dorf  rangezogen und abends folgte auch noch das zweite. Wir gaben heute im ganzen 69 Schuß ab. Unsre Feuerleitung funktionierte heute nicht ganz richtig, da die Leitung an einer Stelle verbrannt war. Doch war die Schußleistung gut, aus einem Lob der Division zu urteilen.

4. Juli (Sonntag)
Die ganze Nacht durch bis zu Morgen unterhielten die Russen ein lebhaftes Feuer aus schweren Geschützen. Die Kämpfe sollen uns hier überhaupt hier starke Verluste gekostet haben. 2 Feldbatterien von uns sind verschollen, wo sie sind wissen wir nicht, ob gefangen genommen oder sonstwas. Schon heute morgen erfuhr ich aber, dasß sich die Batterien mit der Infanterie nach einer Rechtsschwenkung durch die Russen sich durchgehauen hatte.
Diesen Mittag gabs auch Post doch ich hatte wenig Zeit dazu da Stellungswechsel war und ich mit dem Kabel auf dem Rücken der Kolonne nachtraben durfte. So verließen wir unsere 27. Stellung beim Dorf Zlojec. Abends waren wir aber schon wieder aufgefahren am Rand eines Waldes nicht weit von Zlojec. Unsre Sammelstelle lag mitten im Wald und diese Nacht schlief ich wieder einmal unter Zelt.

5. Juli (Montag)
Gerade nahm ich mein Morgenfrühstück ein, da kam der Befehl Stellungswechsel, die anderen schliefen noch. Es war aber bald alles fertig. Unser Marsch führte uns jetzt ganz nach Nordosten und gegen Mittag kamen wir wieder auf die schön gepflasterte Hauptstraße, die von Samotje nach Lublin führt. Gegen 2 Uhr ging unser viertes Geschütz in Stellung hinter Haubitzen 13 vom Bataillon 22. Unsre Kolonne blieb am Rand der Straße stehen.
Im Straßengraben liegt ein von Feldartillerievolltreffer zerstörtes russisches Panzerauto mit 3 Maschinengewehren. Die Überreste der Bedienung lagen gräßlich verbrannt umher. Ich habe schon vieles gesehen, aber einen solch gräßlichen Anblick habe ich noch nie gehabt. Das Auto sollte unsre Schützenlinie durchbrechen, dahinter war Infanterie.
Abends blieben wir im Wald.

6. Juli (Dienstag)
Am Abend machten wir Stellungswechsel mit der Sammelstelle nachdem das dritte Geschütz auch noch in Stellung gefahren war.
Heute Nachmittag haben die Russen uns nämlich reichlich mit Schrapnells und Granaten größeren Kalibers bedacht. Wir hatten keine Verluste, doch die 10. Batterie 2 Pferde tot und 7 Mann verwundet. Deshalb wurde die Sammelstelle 13 km nach rückwärts verlegt. Beim Dunkelwerden legten noch Bruch und ich Leitung.

7. Juli (Mittwoch)
Am Morgen weckte uns ein Divisionsbefehl, der durch den Apparat kam (die Stellungen sind zur energischen Verteidigung einzurichten, die 10 cm Batterie ist dem Batl., das Mastfernrohr der Battr. zugeteilt).
Unsre Fernsprechstelle richteten wir schön schattig, daß sogar der Feldwebel uns der Ehre würdigte, in unserm Schatten zu ruhen. Abends nahmen wir wieder die Leitung auf, da früh am Morgen Stellungswechsel sein sollte.

8. Juli (Donnerstag)
Doch um 3 Uhr gings los zuerst 1 ½ km auf der Straße weiter dann links einen Weg hinein, durch ein Dörfchen mit einem schönen Fluß und dann weiter in ein sumpfiges Tal, da gings in Stellung, alles in allem 9-10 km. Dann wusch ich mich wieder mal wobei einige Blutegel sich veranlaßt fühlten an meinen bloßen Füßen von meinem Blut abzuzapfen. Mittags hatte ich die Leitung zur Beobachtung nachzugehen. Dabei verfehlte ich mich und kam so gegen 3 Uhr zum Mastfernrohr. Die feindlichen Stellungen sind gut durch dieses zu sehen mit Schützengräben, Infanteriewerken usw. Zum Abendkaffee war ich daheim (?).

9. Juli (Freitag)
Mamas Geburtstag. Wir sollten heute eigentlich noch 4 km weiter links aber die 9er kamen und fuhren unter verschiedenen Mühseligkeiten mit unsrer Beihilfe an uns vorbei.
Wir hatten heute morgen Wagenreinigen, Wasser ist jetzt da und Fahrzeuge sind blitzblank. Heute war ich schon wieder auf Beobachtung. Als ich oben war schickten uns die Russen einen ziemlich unangenehmen Gruß herüber worauf wir 13 Schuß herüberschickten, die die Russen zum Schweigen brachten. Da heute auch noch Großherzogs Geburstag ist bekamen wir Fleisch das wir für uns zurechtmachen konnten und 3 Mann eine Flasche Wein. Als Folge der Beschießung der Russen muß morgen auf Beobachtung ein Bombensicherer gebaut werden.

9. Juli (Freitag)
Mamas Geburtstag. Wir sollten heute eigentlich noch 4 km weiter links aber die 9er kamen und fuhren unter verschiedenen Mühseligkeiten mit unsrer Beihilfe an uns vorbei.
Wir hatten heute morgen Wagenreinigen, Wasser ist jetzt da und Fahrzeuge sind blitzblank. Heute war ich schon wieder auf Beobachtung. Als ich oben war schickten uns die Russen einen ziemlich unangenehmen Gruß herüber worauf wir 13 Schuß herüberschickten, die die Russen zum Schweigen brachten. Da heute auch noch Großherzogs Geburstag ist bekamen wir Fleisch das wir für uns zurechtmachen konnten und 3 Mann eine Flasche Wein. Als Folge der Beschießung der Russen muß morgen auf Beobachtung ein Bombensicherer gebaut werden.

11. Juli (Sonntag)
Seit heute Morgen ist bei uns eine neue Gulaschkanone in Dienst. Die österreichische bekam das Bataillon.

13. Juli (Dienstag)
Um 12 Uhr Stellungswechsel. Eine allgemeine Freude ergriff uns, der Platz war uns verleidet. Wir waren schon zu lange da.
Unerquickliche Zwischenfälle hatten eine Reihe von Appells in Waffen, Tuchhose, Rock, Stiefel herbeigeführt denen ich durch Leitungspatrouillen glücklicherweise zum Teil aus dem Wege ging. Es war ein Streit zwischen 2 Unteroffizieren.
Also, um 12 Uhr war Abmarsch. Auf Umwegen wegen des sumpfigen Tales und den schlechten Wegen, kamen wir gegen 4 Uhr in einem Wäldchen an. Bewaffnet mit Schanzzeug gings noch 1 ½ km weiter durchs Feld in ein kleines Tal, das mit Gestrüpp bewachsen war.
Wegen der Nähe des Feindes wurden gute Geschütz – und Mannschaftsdeckung eingebaut. Dann gings wieder zurück und wir fuhren gleich in Stellung, aber bei Dämmerung. Unterdessen hatten Bruch und Brabander Leitung gelegt, so daß ich mich nur dranzusetzen brauchte, bzw. dranzulegen.

14. Juli (Mittwoch)
Als ich diesen Morgen nun erwachte, bemerkte ich daß es ziemlich stark rieselte und daß meine Decken schon ziemliche Feuchtigkeit aufgenommen hatten, bevor ich es merkte. So vollführte ich denn einen beschleunigten Stellungswechsel unter den Beobachtungswagen. Last, not least, bauten Bruch und ich dann aus 3 Zeltbahnen ein praktisches Zelt, zu dem Bruch auch noch verschiedene Bund Stroh besorgte. Dies hatte zur Folge, daß der wolkenbruchartige Regen unter uns weglief den Hügel hinunter. Der Tag war trotzdem nicht schlecht, denn es kam noch Post. 4 Päckchen von zuhause und 1 Brief, 2 Päckchen von Onkel Georg und 1 mit Süsslinsen. Na, ich habe wieder Strümpfe, Schokolade, dann Wurst und Landjäger, Rollschinken, Zwieback, Fußlappen und der unvermeidliche Pfefferring. Das war der 8te Todestag meiner Mutter. Nun sind es schon 8 lange Jahre, daß meine liebe meine Mutter in ein besseres Jenseits gegangen ist. In ein besseres, denn wirklich, kann man diese Welt, in der etwas so schreckliches gibt, wie diesen Krieg, nicht gut und schön nennen.
Gibt es wirklich noch etwas gutes und schönes wie der Mensch das herrlichste der Schöpfung, den Menschen selber, seinen Bruder tötet? Und doch steckt in dem Krieg nicht auch etwas Rechtes, Gerechtes? Hat nicht Deutschland die Waffen ergriffen denn der Wahrheit, dem Recht zum Siege zu erhalten und die welsche Falschheit und Tücke, gepaart mit britischer Hinterlist zu brandmarken zu enthüllen und zu stürzen?

Wir kämpfen für deutsches Recht und deutsche Freiheit, wir müssen siegen weil das Recht, das Gewissen, weil Gott auf unsrer Seite ist.

15. Juli (Donnerstag)
Diesmal sind wir zielmlich nahe am Feind, denn die Batterie ging von 3800 auf 3100 herunter und schließlich wieder nach 4100. Morgen soll Wirkungschießen sein.Heute mußten wir unser Mahl auch selber machen Schweinefleisch und Kartoffeln.
Wir machten Gehacktes aus Schweinefleisch und Rindfleisch, brieten es, dann kamen gekochte Kartoffeln ins Fett. Schließlich noch eine Suppe mit Schnittbohnen und gekochtem Schweinefleisch. So feierte ich heute Papas Geburtstag.

16. Juli (Freitag)
Schon um 2 Uhr ging heute morgen das Schießen los. Um 9 Uhr war der erste, um Mittag der zweite Stützpunkt genommen. Abends der dritte und alle Höhen, die wir von der Beobachtung aus sahen können sind unser. Deshalb wurde der Stellungswechsel auch heute nicht mehr gemacht und die Zelte wieder aufgebaut.

17. Juli (Samstag)
Heute morgen gings weiter dem Feind nach in das sumpfige Tal hinein, wobei wir öfters im Schlamm ans Zugtau mußten. Zum Mittagessen machten wir Rast, dann gings weiter und ¼ Stunde weiter waren wir an einem Kirchhof in Stellung. Leitung gelegt war auch bald da die Leitung Beobachtung-Batterie an der Sammelstelle vorbeiführte, Ein prachtvolles Bächlein lud zum Waschen ein und dann bereitete ich mir mit Bruch ein feines Essen von meinen Kartoffeln, erst gekocht, da sie klein waren, ganz gebraten beluden wir uns damit bis zum Platzen. Kurz darauf war schon wieder der Befehl da zum Leitung aufnehmen. Heute habe ich mich entschlossen einen photographischen Apparat anzuschaffen. Die 10 M die mir Papa schickte habe ich auch erhalten und mit Beckerhabe ich mich schon verständigt.

18. Juli (Sonntag)
Schon früh um Fünfe gings weiter; in aller Eile wurde marschfertig gemacht und es wurde das Flußtal abwärts weiter gefahren. Um 10 Uhr ungefähr waren wir in Stellung in einem kleinen Tal links von der Straße. Nachdem wir für gute Fliegerdeckung der Geschütze gesorgt hatten, begaben wir uns in die Sammelstelle, wo mir schon die Aufgabe harrte, Leitung zu legen, während die anderen Apfelmuß kochten. Kaum war sie fertig, kam Stellungswechsel. Geschossen haben wir aber doch. Nach einer Fahrt von 1 ½ – 2 Stunden auf einer leidlich guten Straße, sahen wir uns 4 – 5 Km von Krasnostaw entfernt, neben der Infanteriebagage aufgefahren. Da nahmen wir dann unser Mittagessen und hier blieben wir bis gegen 4 Uhr. Da hieß es Rohr einlegen, Gürtel umlegen. Auf der andern Seite der Sraße fuhren die Geschütze in Stellung. Abends wurde noch die Sammelstelle weiter rückwärts verlegt.
Dunkel umwölkte sich der Himmel und bald kam ein richtiger Bindfadenregen herunter, vor dem ich mit meinem Apparat unter dem Vorratswagen Schutz suchte. Trotz der beiden Zeltbahnen, die ich zu beiden Seiten ausgespannt hatte, war ich aber bis zum andren Morgen so ziemlich durchnäßt.
Am heutigen Tage war die Lage etwas kritisch, unsre Brigade Reserve mußte herangezogen werden, da die Russen Verstärkung herangezogen hatten. Unsre Brigade gab in der Nacht jede halbe Stunde einen Schuß ab auf 4100 – 4300 um die Russen in Schach zu halten.

19. Juli (Montag)
Mittags war Stellungswechsel. Als alles marschfertig war, zogen wir auf der jetzt vollständig durchweichten Straße weiter. Am Ausgang des Dorfes, in dem wir standen, war ein Hügel, den jedes Fahrzeug einzeln mit Vorspanne und Zugtau nehmen mußte, nachdem wir einen Knüppeldamm geschaffen hatten aus dem Balkenzeug, das die Russen zu Schanzarbeiten hergerichtet hatten.
Diese Höhe, ebenso wie die übrigen an dieser Seite des Flusses, hatten die Russen durch Schützengräben, bombensichere Unterstände, Verbindungsgräben usw. meisterhaft befestigt. 2 Garderegimenter griffen sie jedoch von der Seite an und machten dabei 1800 Gefangene und viele Beuten. Zum Teil ließ diese, besonders viele Gewehre, darunter sehr viele neue von 1914 im Hohlweg, ebenso verschiedene, gräßlich verstümmelte Russen. Von der Höhe aus sahen wir dann Krasnostaw vor uns liegen.
Links über Feld ging es dann der schönen Hauptstraße zu, an derer rechten Seite wir in Biwak fuhren.

20. Juli (Dienstag)
Früh um zweie fuhren wir weiter dem Geschützdonner entgegen. Um 6 Uhr standen schon wieder alle 4 Geschütze in einem dichten feuchten Gebüsch schußbereit.
Der trübe Tag ging bald in Regen über, doch gewitzigt durch vorgestern, hatten Bruch und ich ein Zelt aufgebaut. Wie bedauerte ich die armen 49er, rechts von der Sraße, die im Regen herumliefen. Kaum hatten diese die Zelte aufgebaut, mußten sie weg.
Eine ganz frische Division kommt jetzt neu von der serbisch – bulgarisch – rumänischen Grenze.
Trotz des strömenden Regens, schoß unsre Batterie in lebhaftem Tempo die ganze Nacht durch.

21. Juli (Mittwoch)
Am Morgen ließ der Regen etwas nach und da kam Stellungswechsel. Die 10. Bt. blieb stehen.
Wir rückten vor bis zu einem kleinen Ort, der aber eine schöne, aus Ziegelsteinen erbaute Kirche besitzt. Hier stellten wir unsre Geschütze wieder auf vor der Sammelstelle der Neuner Mörser, die noch weiter vor sind, damit sie die Bahn beschießen können.
Heute Mittag bin ich Fernsprecher in Batterie, damit der 1. Trupp sich ausruhen kann. Auch Nachts mußte die Leitung besetzt sein und infolge einer Störung im Betrieb mußten wir uns im Freien hinlegen.

22. Juli (Donnerstag)
Nur 4 Schuß wurden im ganzen aus dem 3. Geschütz gepulvert. Heute morgen waren wir hundemüde. Endlich um 8 Uhr wurden Brabander und ich abgelöst. Diese Nacht haben die Russen zwei Angriffe gemacht. Auf der Bahn ist ein lebhafter Verkehr zu bemerken.
Heute abend rückt die Sammelstelle aus um einen Laufgraben und Verbindungsgräben bei den Beobachtungsgräben zu bauen.
Die Arbeit kostet uns nur ungefähr 2 Stunden tüchtigen Schippens, dann gings wieder den traulichen Zelten zu.
Dieser Tag ist gewissermaßen ein Strich oder Trennpunkt, denn seit heute gehöre ich zum ersten Rohrwagen. Nicht ohne Trauer verließ ich den zweiten Gürtelwagen, zu dessen Bedienung ich seit Anfang auf der Elsau gehörte. Jetzt ist der letzte der alten Bedienung fort. Erst Wendt, dann Bruch, Roseler, Ranser, Rosenberg und jetzt ich.

23. Juli (Freitag)
Jäh fuhren wir aus dem Schlafe auf diesen Morgen, als der Ruf «Marschbereit machen» an unser Ohr tönte. Wußten wir doch, daß kein Sturmangriff unsererseits gewesen war, und daß die Russen ohneweiteres nicht nur ihren festen Stellungen weichen. Daß es auch einmal nach rückwärts gehen konnte, daran dachte keiner. Und wirklich die Russen hatten das Essenholen unsrer Infanteristen dazu benutzt und waren durchgebrochen und gekommen bis rechts von unsrer Beobachtung, wo ihnen aber die 16er Jäger aber bald wieder derart Vernunft predigten, daß die Russen heute morgen wieder in ihren alten Stellung liegen. Unsre Batterie hat als erste ohne weiteren Befehl gefeuert, was Ltnt. Fenchel ein Lob vom Oberstleutnant eintrug.

24. Juli (Samstag)
Uoffz. Surzick überrascht mich heute Morgen mit der freudigen Nachricht, daß ich die Leitung in Batterie besetzen muß. Es wurde den ganzen Tag über kein Schuß abgegeben und so saßen wir denn in der Sonnenhitze bis zum Abend.

25. Juli (Sonntag)
Ein Sonntag wie jeder andere, arbeitsreich. Diesen Sonntag morgen fingen wir mit Fahrzeugreinigen an, dann kam ein heftiger Gewitterregen und wir verkrochen uns in die Zelte, wo wir uns die Zeit mit Essen vertrieben. Schon wollte ich mich zur gemütlichen Ruhe hinlegen, da mußte ich schon mit Heinrich in Batterie um dort die Apparate für die Nacht zu besetzen. Zu allem Übel kam dann noch daß die Leitung zerrissen wurde. Wer nachtrabte war ich. Daher legte ich mich dann im Bewußtsein getaner Pflicht zum Schlafen nieder.

26. Juli (Montag)
Natürlich ruhte ich mich heute Morgen weiter von den Anstrengungen dieser Nacht aus, bis es im Zelt zu heiß wurde. Abends war Stellungswechsel in Sicht, es wurde sogar schon marschbereit gemacht. Morgens waren wir aber noch da.

27. Juli (Dienstag) Den ganzen Tag verbrachte ich heute als Fernsprecher auf Beobachtung. Auf der Straße war lebhafter Verkehr bei den Russen zu bemerken. Sonst nichts besonderes, nur daß wir etwas befunkt wurden. Abends wollten wir gerade zur Sammelstelle zurückkehren. Ein deutscher Flieger kehrte gerade zurück von den Russen etwas beschossen. Auf einmal sah man eine Flamme. Der Apparat brannte und sank langsam, während die beiden Insassen aus etwa 800 m absprangen. Ob feindlicher Treffer oder Explosion, blieb unaufgeklärt.

28. Juli (Mittwoch):
Diesen Morgen gingen die Geschütze 2 ½ km weiter vor in eine schon am Abend vorher vorbereitete Stellung. Unterdessen baute ich eine Fernsprechstelle nur mit Bruch, der erst später kam. Mittags kam ein Regen mit Sturm; gut daß das Zelt fertig war, doch etwas regnete es doch durch. Als der Regen dann fertig war, machten wir das Zelt steiler und dann als Abschluß wunderbare Bratkartoffeln.

29. Juli (Donnerstag)
Schon um 3 Uhr ging ich der Leitung zur Batterie nach, um zu schauen, ob die Leitung unbeschädigt ist. Als ich dort war, begann ein furchtbares Bombardement. Heulend wie ein gebremster Eisenbahnzug fuhren die Geschosse durch die Luft. 21 cm, 30, 5, 15, bis zum Infanteriegewehr. Aber der Kampf ist schwer, die Höhen 229, 226, 212 sind trotz schweren Feuers von den Russen noch nicht geräumt.
Jetzt gegen Mittag ziehen die Russen ihre Artillerie zurück. Ein Zeichen des Zurückweichens. Bis dahin feuerten sie noch zeitweise auf die Höhe 239 hinter T(…) Jetzt weichen die Russen. Eben besetzt unsre Infanterie Oleśniki in Fajsławice – und es kommt Stellungswechsel. Heute kam unser Hauptmann weg. Er soll Blinddarmentzündung haben.

30. Juli. (Freitag)
Gestern Abend gingen wir noch vor bis Fajsławice und in Stellung. Am Morgen legten Bruch und ich Leitung und als wir fertig waren, konnten wir wieder aufnehmen, also Stellungswechsel. Gegen Mittag waren wir in Biskupice wo wir Biwak bezogen. Ich sah mir den Ort an und versäumte so den Stiefel Appell, wo neue Stiefel ausgegeben wurden. Das Städtchen hat eine schöne röm. – kath. Kirche mit einer schönen Orgel. Ein Pionier Leutnant spielte drin, trotzdem die Kirche an einer Stelle brannte. Wie weckte das Erinnerungen aus früherer Zeit!
Nur das Sehen der Bahnlinie erregte unter uns allgemeine Begeisterung, wenn wir erst wieder mal einen richtigen leibhaftigen Eisenbahnzug sahen.

31. Juli (Samstag)
Um 5 schon gings weiter an der Bahn entlang zwischen unendlichen Getreidefeldern, wo noch eine Dreschmaschine mit Lokomobile stand, an einer großen Fabrik vorbei in ein kleines Städtchen, dessen Name ich augenblicklich noch nicht kenne. Über eine Pontonbrücke mit unsern Schweren neben der Straße entlang, da diese Straßenbrücke von 30,5 zerschossen und die andern verbrannt waren.
Die Richtung Warschau haben wir aufgegeben; wir marschieren nach Cholm (Chełm) – Brest-Litowsk zu. Mittags fuhren wir wieder in Stellung an der Straße; links von uns standen Haubitzen der Feldartillerie. Nachdem Brabander und Sticht zu ihrem Ärgernis Leitung gelegt hatten, besetzten Bruch und ich die Leitung.

1. August (Sonntag)
Die gehoffte Ruhe blieb aus. Die Russen hatten unsre Feuerüberfülle satt und rissen aus, und so kam heute morgen 5 der Befehl: Stellungswechsel. Um Mittag hielten wir an der Straße und der Oberstleutnant ritt vor, um zu sehen, ob es nötig wäre, daß unsre Mörser in Stellung gängen. So kam denn zunächst für den ersten Zug der Befehl und abends nach dem Lohnungsappell auch der zweite Zug. Auf unserm Weg, der auf guter Straße durch sumpfiges Gebiet, die Ausläufer der okitno-Sümpfe, führte, war von vielen Wasserdurchlassen gekreuzt. Die darüberführenden Holzbrücken waren von den Russen verbrannt worden.

2. August (Montag)
Schon gegen 4 Uhr morgens wurde ich aus dem Schlaf geweckt, ich sollte mit Bruch Leitung auf Beobachtung besetzen und so wanderten wir dann hin. Die Beobachtung war schlecht, so verlegten wir die Stelle weiter rechts im russischen Schützengraben und nachher noch gegen 100 m weiter zurück in eine Scheune, wo die Leiter aufgestellt worden war. Dort blieben wir dann. Während des ganzen Tages hatten wir 174 verfeuert. Als ich abends wieder zur Sammelstelle kam fand ich 2 große Pakete vom 8.3. also aus der ersten Zeit vor. Der Inhalt war noch verhältnismäßig gut. Nach dunkelwerden machten die Russen einen heftigen Angriff, der aber abgeschlagen wurde worauf sich diese zurückzogen.

3. August (Dienstag)
Schon gegen 1 Uhr wurden wir alarmiert. Doch nur das 1. 9 (1./9.) ging ung. 5 km weit vor. Hier feuerten wir die ersten Schüsse ohne Beobachtung nur damit die Russen merkten, daß ihnen die Mörser auf der Ferse sind. In der Sammelstelle wusch ich mich dann noch und lauste und flohte.
Nachmittags gabs neue Sachen, da bekam ich neue Hosen und Schnürschuhe eine neue Mütze und alte aber wenig gebrauchte passende Stiefel. Schon hatte ich meine eigenen abgegeben da reute es mich und ich holte sie wieder. Hermann von Wicken ist jetzt Unteroffizier und Emil Wilke Obergefreiter geworden. Hermann soll den 2 Fernsprechtrupp bekommen.

4. August (Mittwoch)
Unser Bataillonskommandeur Oberstleutnant Nitsche ist jetzt Oberst und Regimentskommandeur der 2. Gard- Fuß Art. geworden der Schießschule. Heute morgen nahm er mit einem: „Adieu, 9. Batterie“! Abschied von uns. Die Geschütze sind marschbereit und wir warten auf den Befehl zum Vorgehen.

5. August (Donnerstag)
Erst heute morgen marschierten wir ab und zwar nach – Westen durch verbrannte Dörfer, schöne Wälder und Gegenden. Mittags nach einem Marsch von 6 Stunden, seit 2 Uhr, waren wir in Łęnczna. Da biwakierten wir. Gegen abend kam die Nachricht Warschau sei gefallen und das Gerücht wurde auch zur Wirklichkeit. In der nahen Kirche war von vielen Formationen ein Dankgottesdienst abgehalten worden. Wir feierten es durch eine Rede vom Oberltn. und Apfelmus und Wein

6. August (Freitag)
Früh morgens wurden wir schon wieder vom süßem Schlummer aufgeweckt. Es sollte in Stellung gehen. Mittags waren wir schon wieder schußbereit.
Beinahe hätte ich vergessen, daß ich mir gestern einen photographischen Apparat bei Becker bestellte. Hoffentlich trifft er dann bald ein.

7. August (Samstag)
Leitung besetzen, die wir gestern gelegt haben und hie und da noch andre Arbeit, dazwischen gräuliches Schießen.

8. August (Sonntag)
Mein 19. Geburtstag. Ein arbeitsreicher Tag war mir heute beschieden. Nachts Leitung besetzen und morgens aufnehmen. Mittags Fahrzeugreinigen und abends und nachts Befehlsempfänger.

9. August (Montag)
Schon ist der Geburtstag vorüber mit seinen Gratulationen. Auch anderwärts hats gestern Gratulationen abgesetzt, es wurden wieder eiserne Kreuze verteilt, und zwar bekam Fehr eins als erster Kriegsfreiwilliger. Wer wird der zweite sein?
Heute marschierten wir wieder weiter, durch den Wald an einem Denkmal vorbei in nordwestl. Richtung. Da wir wieder einmal zu weit gelaufen waren, machten wir kehrt und gingen vielleicht 2 km weiter links in Stellung.
Wir sind hier wieder mehr in der Nähe der Österreicher, Infanterie, Pioniere, Maschinengewehre auf Eseln, Feldartillerie der Österreicher zog an uns vorüber.
Alte Bekannte haben wir auch wieder gesehen: die Hannoveraner, die 79er vom Regiment Gibraltar. Hier scheinen sich die Russen aber schon wieder lieber zurück ziehen zu wollen. Ich glaube, daß wir die Absicht haben, Iwangorod (Dęblin)  das die Russen jetzt noch halten, im Rücken zu fassen und eizuschließen.

10. August (Dienstag)
Wir marschieren wieder, das ist doch mal schöner als das biwakieren länger als eine Nacht auf einem Platz. Der Weg führte uns aber nicht weit hinter dem Dorf hielten wir wieder. Schon wieder zum siebten oder achten mal sollen wir verladen werden die 4er sollens ja schon sein. Hoffentlich werden wir nicht bevor ich meinen Photo-Apparat habe.

11. August (Mittwoch)
Doch früh schon geht’s weiter. Beobachtungswagen die 3 Batterien (unsre beiden und I. 1. Reg 9)  vor und in Stellung neben österreichischen 8 cm Feldgeschützen.

12. August (Donnerstag)
Die Stellung die wir gestern beschossen haben, war von den Österreichern nicht genommen worden. Heute morgen war sie geräumt und so marschierten wir dann (…) nach einem hastigen Mittagessen auf Ostrow zu das einige Kilometer vor uns lag. Durch die Stadt kamen wir nicht wir fuhren links vorbei.
Dabei kamen wir an der 5. und 7. Batterie vom Regt. 14 vorbei. Sonderbarerweise fuhren wir von der Front weg, nach Westen bis wir abends nach einem Marsch von rund  ca. 12 km hinter einem Dorf bei Einruch der Dunkelheit ins Biwak gingen. Der Marsch war schwierig durch diesen Sandboden. Wir hatten immer das Zugtau in der Hand.
Etwas ist auch zu erwähnen, wir passierten heute eine Bahn rechts Lublin-Brest Litowsk.

14. August (Samstag)
Der gestrige Tag war der Ruhe (…) Die Verladegerüchte sind nun so bestimmt geworden, daß man unbedingt dran glauben muß. Dann bekamen wir gestern noch 1 Schweinefleisch und Fett zum Auslassen. So machten wir uns dann gestern Abend Bratkartoffeln und brieten gehacktes Fleisch. Eine Nachricht verbreitet sich auch rasch in unsrer Batterie: Hauptmann Refardt kommt wieder (Hauptmann Reddermann der 10. kam gestern.)
Heute morgen wurde abmarschiert nach Westen bis zur Straße Lublin-Brest Litowsk. Alle Augen wandten sich zur Spitze, wendet sie sich nach links, nach Lublin der Bahn zu oder nach Nord-westen Brest Litowsk. Die Wendung die wir machten ließ alle Verladepläne scheitern, auch Brest Litowsk. Mittags hielten wir in einem Dorf an einem Nebenfluß des Wieprz. Abends kamen wir dann teils herüber, teils vor den Geschützen anscheinend, nach einer kleinen Irrfahrt, nach Pantschew, (Parczew) wo Biwak bezogen wurde nach einem Marsch von gegen 30 km.

15. August (Sonntag)
Kaum wars hell, da gings schon weiter immer in der alten Richtung. Beobachtungswagen vor. Die Russen waren schon wieder getürmt. Auch die Bahn Iwangorod-Brest Litowsk haben wir gestern passiert. Wir sind von der Festung nur gegen 45 – 50 km entfernt. Die beiden Bahnen sind in Wirklichkeit ein und dieselbe und zwar geht sie von Lukow nach Lublin. Die 9. Res.(…) lagen an der Landstraße bei einem Gut wo von S.O eine zweite ebenso schnurgerade Straße einmündete. Ein ganzes Lager Österreicher mussten wir vorbeilassen. Von 3 Uhr gings wieder weiter bis zum nächsten Dorf ins Biwak, im ganzen ein Tagesmarsch von 23 km.

16. August (Montag)
Schon nach kurzem Marsch gabs ein Halt, die Brücke für schwere Artillerie konnte nicht befahren werden weil wir in den weichen Boden einsanken. So mussten wir dann einige Stunden schippen Bretter und Baumstämme schlagen, dann konnten wir erst durch. Hier bogen wir von der Hauptstraße links ab und fuhren durch einen größeren Ort. Gegen 2 km dahinter wurde Mittagsrast gemacht. Als dann auch glücklich die 5er mit ihren „jungen Werfern“ vorbeigefahren waren machten wir auch uns auf den Marsch und waren abends in Lomazy einer schönen kleinen Stadt mit 2 freundlichen Kirchen.

17. August (Dienstag)
Da es schien, daß wir heute hier bleiben sollten, waren schon so verschiedenen Apelle angesetzt worden. Glücklicherweise gings mittags weiter bis nach Bjala. Hier überschritten wir die große 2 gleisige Bahn Warschau – Brest Litowsk nach Westen.
In diesen letzten 4 Tagen haben wir im ganzen gegen 100 km zurückgelegt.

20. August (Freitag)
Die ausgefallenen Appelle am 17. sind dafür jetzt abgehalten worden, denn wir liegen immer noch in Bjala. Eine uns noch unpassierbare Brücke hindert uns weiterzugehen. So hören wir vor Brest-Litowsk die Kanonen donnern und können nicht hin. Auch Kowar ist jetzt mit 500 Geschützen und 5000 Mann gehalten.
Unaufhörlich marschieren hier Truppen vorbei: Österreicher, Ungarn, deutsche Garde, alle Waffengattungen. Ob ich vielleicht Hans mal treffe?

21. August (Samstag)
Regen weckte uns heute morgen auf und immer weiter regnete es. So wurde denn beschlossen, we(…) Ereignis unser Quartier in Häuser zu verlegen. Erst bauten wir mit unsern Zeltbahnen Dächer für die Pferde in einem benachbarten Garten, dann richteten wir uns selbst ein in einem kleinen Häuschen, das noch vorgefundene 2 (…) von einem deutschen namens Noak bewohnt war. Er muß wohl Beamter der daneben liegenden zerstörten Schuhleistenfabrik Raabe gewesen sein. Hier in seinem Häuschen machten wir es uns bequem. Wir hatten eine Küche und ein Schlafzimmer und Wasser in nächster Nähe.

22. August (Sonntag)
Heute am heiligen Sonntag hatten wir Ausgang, nach dem Schnürschuhapell wo jetzt Bruch, Formaß von uns nach kam. Wir sind noch 2 Mann Otte und ich. Schade, daß ich meinen Photographischen Apparat noch nicht hatte, ich hätte schon schöne verschiedene Aufnahmen machen können. Geld habe ich noch genug, zur Lohnung gabs wieder 3 Mark Erfrischungsgelder. Gestern ist Fehr Unteroffizier geworden und so hoffte ich dann, daß ich zum 1. Trupp kommen würde, statt dessen kam Heinrich hin. An mich denkt man nicht, ich bin ja zu schwach. Sammelstelle ist gerade noch gut genug für mich, und dabei mache ich manchmal mehr als andre.

23. August (Montag)
Um 8 Uhr sollte Antreten sein, da kommt der Befehl marschbereit machen. Um 10 Uhr soll Abmarsch sein. In nordöstliche Richtung wurde Bjala (oder Biała ) durchfahren und abends waren wir in Janow Am Nordostrand lag das Gut und Gestüt Wygoda wo Biwak bezogen wurde.

24. August (Dienstag) Heute Morgen haben wir auf einer festen Holzbrücke den Bug passiert der hier die Größe der Ill bei Straßburg hat. Den ganzen Tag waren wir am Zugtau da die Pferde durch den tiefen Sand den schweren Rohrwagen kaum vorwärts brachten. Unser Mittagessen mußten wir uns noch verdienen durch den Bau einer Brücke über ein Flüßchen. Diese Nacht wurden unsre Pferde in Scheunen untergebracht…

25. August (Mittwoch)
Heute soll es wieder in Stellung gehen doch die Straße machen unsre Hoffnung zunichte. Die 8te Bahnlinie haben wir heute passiert, die von Brest Litowsk nach Wyssoko Litowsk. Auf der Karte ist sie eingleisig gezeichnet.Hier ist sie zweigleisig, wohl erst so weit von den Russen nach Kriegsausbruch ausgebaut (Luda oder Lutaia?)

27. August (Freitag)
Erst heute gings weiter nordwestlich dann genau östlich nach einer jener schnurrgeraden russischen Heerstraßen. Abends waren wir in einem Ort 2 km links abseits der Straße nachdem wir vorher noch Geschütz kehrt gemacht hatten. Unterdessen warteten wir schmerzlich auf die Post  die in Stanice bei Lomary? mit einer ganzen Anzahl von (…) geholt wird.

28. August (Samstag)
Schon gegen 3 Uhr Abmarsch nachdem schon um (…) nachts ein Kommando zum Brückenbau abgerückt war. Heute haben wir…nachzuholen deshalb erfreute uns die Nachricht, daß wir in Stellung gehen sollten…Freude..zu Wasser, die Russen waren abgezogen. Mittags wurde Rast gemacht und nach dem Essen mußten (…) Marsch von 15 km… schon dunkel als wir doch in Stellung gingen bei Dymniki? Diese Nacht kamen wir noch auf (…) es war nur 1 ½ Stunde und morgen früh erst.

29. August (Sonntag)
Einen Tag wieder mal in Feuerstellung (…) Erst begrüßte uns ein russischer Flieger mit einer schweren Bombe. Abends brachte noch einer ein er…Kalb, das unter uns Rohrwagen verteilt wurde. So wurde dann zum Abendessen Frikadellen gemacht.

30. August (Montag)
Um 3 Uhr wurden wir wieder aus dem Schlaf heraus geholt und setzten  unsren Marsch wieder fort. Etwa 8 km (…) lag ein Ort (…)dubno wo wir wieder in Stellung gingen. Zum Schuß kamen wir jedoch nicht und nach Mittag protzten wir die Geschütze wieder auf. Wo kommen wir hin? Das ist augenblicklich die große Frage. Nachdem am 26. August Brest Litowsk gefallen war, gingen wir zu unsrer großen Verwunderung  weiter …vov. Dann hieß es wir sollten (…) Litowsk (…) Dubno (…) vorgehen. Jetzt hieß es wieder hier würde man feste Verteidigungsstellung (. ..) wir werden nicht weiter vorgehen, andre sagen (…)nach Norden (…) sind Märsche in Aussicht.

4. September (Samstag)
So blieb…war Appell bis zum…Auch war die Post angekommen und hatte eine ganze Anzahl Päckchen gebracht den Photo-Apparat aber nicht. Auch war ich einige Male Befehlsempfänger beim Bataillon und brachte heute Morgen den Befehl zum Abmarsch und zwar sollten wir uns am 12. Mittags in Siedlec melden beinahe 200 km von Podobnu entfernt.
Um 11 Uhr vormittag zogen wir ab und von da ab regnete es, bis wir abend naß bis auf die Haut uns in Olescowice in Scheunen legten, die Fahrzeuge blieben an der Straße stehen.

5. September (Sonntag)
Das Wetter versprach heute schön zu werden. Hoffentlich. Noch spät abends trockneten wir Kleider bis uns neu aufkommender Regen in die Scheune trieb. Und früh standen wir auf und trockneten wieder, so daß unsre Sachen wieder trocken waren als wir um ½ 9 weiterzogen. Erst den alten Weg weiter bis zum nächsten Ort (Widanl), dann links ab auf Brest Litowsk zu. Um 3 Uhr kamen wir nach Tschernitschizy (Tcharnawtchytsy?), nachdem wir die Rohrwagen wieder 5 km weit durchzogen. Gerade kamen wir auch recht, als ein starker Regen einsetzte. Naß wurden wir aber nun doch, denn die Anfahrt zur Brücke über das Bächlein war für uns unpassierbar.

6. September (Montag)
Nach einem kurzen Schlaf, ich war wieder auf Wache gewesen wurde der Marsch nach Brest Litowsk fortgesetzt. Stellenweise war die Straße schlecht zu fahren. Zwischen 9 – 10 Uhr passierten wir den Fortsgürtel bei Werk II und Panzerfort VIII dann kam die neue Stadt in Sicht mit den großzügigen Kasernen und Bahnanlagen dann fuhren wir durch die Zitadelle. Alle Schuppen sind stark bewacht, da es verboten ist hier zu betreten. Vor einigen Tagen ist hier eine Bäckereikolonne in die Luft geflogen. Zahlreiches Material haben die Russen zurückgelassen. Teilweise haben sie versucht es noch weg zu schaffen. Auch 21 cm Rohre, waren die aber unbrauchbar gemacht. Altertümliche Kugeln. Dann ging es noch über den Bug und dessen Nebenfluß Muravianach Terespol der Vorstadt. Schon setzte wieder ein Regen ein, es war eins da fuhren wir ins Biwak. Nachts schlafen wir in russischen Unterständen, froh im Trockenen zu sein.

7. September (Dienstag)
Noch dunkel wars als wir geweckt wurden. Es sollte heute in demZug nach Biala gehen, 35 km. Als wir glücklich bei…nen die Pferde…gings los auf schöner Straße durch Wald, Feld, zerstörte Dörfer und alte Bahnsteigungsanlagen. Bei schönen Wetter waren wir in Biala um ½ 3 Uhr wo wir wieder unter einem Dach einquartiert wurden.

8. September. (Mittwoch)
Ruhetag und Regen aber im trocknen ebenso am

9. September (Donnerstag)
Die Fahrzeuge wurden gereinigt, dann wars fertig.

10. September (Freitag)
Früh gings dann weiter mit neugeborenen Kräften nach (Międzyrzec Podlaski?) Meshirjedsche (Anmerkung: wo schon pannis uns besonders in die Augen fielen) und darüber hinaus 38 km weit im ganzen. Hier gabs auch wieder Post.

11. September (Samstag)
Wieder ein Ruhetag mit Lohnungsappell. 5 M Beutegeld gabs außerdem noch. Spegat, Schwer, Haus und Manni sind zu Unteroffizieren befördert worden.

12. September (Sonntag)
6 Uhr Abmarsch und nach 28 km Siedlec. Abends sollten wir verladen werden. So warteten wir die ganze Nacht am Bahnhof.

13. September (Montag)
Um 8 Uhr wurden wir erst verladen um 9 Uhr gings los nach Warschau.

14. September (Dienstag)
Gerade wurde es hell, da weckte man uns schon. Wir waren in Kalisch (Kalicz) wo wir entlaust werden sollten. Das dauerte bis um 1 Uhr, dann gings nach Deutschland hinein durch Skalmivschirtz (Skalmierzyce), Krotoschin (Krotoszyn), Ostrowo (Ostrów).

15. September (Mittwoch)
Gestern abend holte man uns noch spät in Lissa (Leszno) zur Verpflegung heraus und heute morgen wars noch dunkel als wir in Kirchhain (Doberlug Kirchhain) verpflegt wurden. Dann kam Torgau, Leipzig, Kösen, Sulza, Apolda, Weimar, Erfurt, Gotha, Eisenach, Bebra. Abends waren wir in Frankfurt/Sachsenhausen, hier stiegen 3 von unsren Urlaubern aus. Dann gings über den Rhein nach (Bad) Kreuznach.

16. September (Donnerstag)
Saarbrücken, der erste größere Ort. Dann kam Hargarten (Hargarten-aux-Mines) wos Brod mit feiner Wurst und guten Kaffee gab. Dann Diedenhofen, Fetsch, und weiter bis nach Sedan, Mohon und ausgerechnet in der Richtung unseren alten Platz in der Champagne. In Saulces-Monclin wurden wir ausgeladen und kamen in Quartier.

Anmerkung:
So endete für das Reseve-Fußartillerie-Regiment 14 der Einsatz im Osten und somit der Bewegungskrieg. Hunderte Kilometer sind bei der Verfolgung der russischen Truppen zurückgelegt worden. Zurück in Frankreich ging es erneut wieder in die „Lausechampagne“

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Herbstschlacht in der Champagne – September 1915 bis Januar 1916