Der Einsatz der 11. bayerischen Infanterie Division vor Verdun
Aus der Regimentsgeschichte des 3. bayerischen Infanterie-Regiments …
Die Division wurde ab dem 29. Februar 1916 an der Nordwestfront von Verdun – im Malancourt-Wald – eingesetzt. Sie kam beiderseits des “Mittelgeräumtes” zum Einsatz, um zunächst Angriffsvorbereitungen gegen im Wald selbst nahe gegenüberliegenden Franzosen zu treffen und zwar 22. bayerisches Infanterie-Regiment rechts (westlich), 3. bayerisches Infanterie-Regiment links (ostwärts) des “Mittelgeräumtes” in vorderer Linie. Nach links schloss an das 3. b. I. R. das preußische Reserve-Infanterie-Regiment 10 an, dass dem Regiment einen Teil seiner bisherigen Stellung abgetreten hatte. Am 03. März erkundeten die Kommandeure alle Teile der Stellung, der Regimentskommandeur blieb dort und ließ die in der folgenden Nacht zur Ablösung eintreffenden Truppen in ihre Stellungen einweisen. Vom 3. b. I.R. kamen I. und III. und die aufgestellte MG Kompanie in vordere Linie. Die Stellungen waren für die bisher schwache, nur für die Abwehr genügende Besatzung gut ausgebaut und instand gehalten, genügten aber für die Bereitstellung einer starken Angriffstruppe durchaus nicht. Es konnten daher anfangs nur fünf Kompagnien der eingesetzten Bataillone und vier Maschinengwehre in die vordere Linie vorgezogen werden. Die andern folgten bald nach, um sich Deckung und Unterkunft zu schaffen. Von der vordersten Linie lag dichtes Unterholz und Gestrüpp, das jeden Ausblick auf die feindliche Stellung verwehrte. In der Nacht 4./5. März krochen die ersten Patrouillen vor. Sie meldeten, daß durch das dichte, mit Stacheldraht durchzogende Gestrüpp nur sehr schwer, an manchen Stellen gar nicht, durchzukommen sei. Der Feind, von dem vorgeschobene Posten oft sehr nahe gegenüber lagen, verhielt sich ziemlich ruhig, war aber aufmerksam. Seine Artillerie- und Minenwerfer-Überfälle jedoch kosteten dem Regiment täglich schmerzliche Verluste. Das III./3. b. I.R. befand sich vorerst noch in Reserve im Lager La Grange en Bois, mußte aber Arbeitsmannschaft stellen und später in nächtlicher Arbeit seine Deckungen für die Bereitstellung als Reservebataillon für den Angriff bauen.
Bald war alles in fieberhafter Tätigkeit um den bevorstehenden Angriff vorzubereiten. Vor allem wurde engste Fühlung mit der Artillerie aufgenommen. Diese hatte sehr große Schwierigkeiten für den Aufmarsch, die Einrichtung der Beobachtung und die Munitionierung und konnte daher erst nach einigen Tagen die Aufgaben der bisher in Stellung befindlichen Batterien anderer Verbände übernehmen. Beobachtungsstellen wurden ausfindig gemacht. Die Infanterie mußte vor allem die Sappen durch das Gebüsch vortreiben, um die Möglichkeit zu gewinnen, zum Sturm vorzubrechen; sie mußte ferner einigermaßen splittersichere Bereitstellung für die Angriffstruppen und das Angriffsgerät schaffen. Die Pioniere halfen hierbei und bereiteten Sprengungen vor. Besondere Mühe kostete der Einbau und die Munitionierung zahlreicher Minenwerfer, wobei der Infanterie ein großer Teil der Arbeit zufiel. All das hielt Führer und Truppe in angespanntester Tätigkeit. Aber auch dem Feind konnten diese Tätigkeiten nicht verborgen bleiben. Schon an der Sappenarbeit mußte er erkennen, daß etwas geplant sei. Er steigerte daher täglich sein Störungsfeuer. Immer heftigere und immer zahlreichere Feuerüberfälle auch aus schwersten Kalibern gingen auf die Waldstellung nieder, wobei die unverkennbar bestehende Überlegenheit seiner Luftbeobachtung die Wirkung ganz bedeutend steigerte. Dadurch entstanden manchen Tag nicht nur sehr empfindliche Verluste, sondern es wurde auch immer wieder die Arbeit von Tagen und Wochen zunichte gemacht. Besonders heftige und wirksame Beschießungen auch aus schwersten Kalibern trafen das Regiment am 12. März und besonders am 13. März. Am 12. März nachmittags fühlte der Feind auch mit Infanterie heran. Frontal war es vor allem das Feuer aus schweren Minenwerfern, das uns hart mitspielte. Das Artilleriefeuer kam aber meist scharf fegend aus der rechten Flanke, aus dem Hessenwald, wo der Feind gewaltige artilleristische Kräfte angehäuft hatte und wo er, von dem aus dem dort aufragenden Hermonthügel aus, eine vorzügliche Beobachtung besaß, die durch Flieger und zahlreiche Fesselballons ergänzt wurde. Trotz all dieser Schwierigkeiten wurde erfolgreich weiter gearbeitet. Schon am 12. März waren bis zu 120 m vor der früheren vorderen Linie die Sappenköpfe zu einer neuen Sturmstellung verbunden. Es wurden nun auch aus dieser wieder wiederum Sappen vorgetrieben, um kurz vor dem Sturm durch Sprengung die eigenen Angriffssappen mit den feindlichen Postensappen zu verbinden, so Einbruchsstellen für die vordersten Stoßtrupps zu gewinnen und die Flammenwerfer überraschend in Tätigkeit bringen zu können. Bei wiederholten Begehungen der vorderen Gräben durch den Divisions-, Brigade- und Regimentskommandeur wurden alle Möglichkeiten für Durchführung des Angriffs erwogen und dann das Ergebnis in Befehle zusammengefasst, wobei die Anregungen der Truppe eingehend berücksichtigt wurden. Die Zeit zu all diesen Vorbereitungen entstand dadurch, daß der dem Angriff der 11. bayerischen I.D. vorausgehende Angriff des linken Flügels des VI. Res.Korps gegen die Höhe “der Tote Mann“, der, nach raschen Anfangserfolgen am 06. und 07. März, nur mehr langsam vorwärts kam. Die Angriffsartillerie reichte nicht aus um die feindliche Stellung, die zangenartig gepackt werden sollte, gleichzeitig von beiden Flügeln der dem Generalkommando VI. Res.Korps unterstellten Angriffstruppe her anzugreifen.
Nach den schlimmen Erfahrungen des 12. und 13. März 1916 begegneten sich die Anträge der Truppe mit der Sorge der höheren Führung für wirksamere Bekämpfung der feindlichen Artillerie durch eigenes Artilleriefeuer und durch Niederhalten der feindlichen Luftbeobachtung, so daß schon am 14. März ein nachmittags einsetzender Feuerüberfall viel weniger wirksam wurde. Am Abend dieses Tages wurde mitgeteilt, daß die Höhe “der Tote Mann” im Angriff erreicht sei. Die Umgruppierung der Angriffsartillerie begann am 16. März. Für das Regiment verlief der 15. und 16. März außer nächtlichem Patrouillengeplänkel ziemlich ruhig. In der Nacht zum 17. März lief der Angriffsbefehl der Division ein. Am folgenden Tag gibt dann die Brigade ihre mit sehr deutlicher Skizze erläuterten Angriffsbefehle heraus. Da nach den Anordnungen des Korps der Sturm am 19. März stattfinden soll, werden nun noch die letzten Vorbereitungen getroffen. Die Sappen werden mit Ausfallstufen versehen, die Bohrlöcher für die Sprengungen werden geladen, die Flammenwerfer eingebaut und nachts gehen Drahtscherentrupps an die feindlichen Hindernisse heran. Der Feind ist sehr wachsam.
Anscheinend aus artilleristischen Gründen wird der Sturm noch um einen Tag, also auf den 20. März verschoben. Nun kann alles noch einmal überprüft werden. Die drei Wochen lange Arbeit bei Tag und Nacht, in Kälte, Wind und Wetter, dabei in steter Kampfbereitschaft und unter heftigen, feindlichen Feuerüberfällen sind an keinem spurlos vorübergegangen; war uns doch dieser Wald, der trotz der Beschießung, die ihn allerdings stark zerzaust hatte, an vielen Stellen grünte und blühte und in dem, wenn der Höllenlärm der Feuerüberfälle schwieg, oft munterer Vogelgesang hörbar wurde, machen Tag zur wahren Hölle geworden.
So kam der 20. März heran. Die Befehle besagten, daß nach einer Artillerie- und Minenwerfer-Beschießung von 08 Uhr morgends bis 04 Uhr nachmittags der von unseren Pionieren unterminierte feindliche Stützpunkt am Nordostsaum des Waldes vor dem linken Flügel des Regiments und die Bohrsprengungen zu den feindlichen Sappen zu zünden seien und dann habe der Sturm loszubrechen und sei in einem Zug über sämtliche feindliche Linien hinweg bis zum Süd- und Ostrand des Bois d’Avocourt vorzutragen. Der Waldrand sei dann nur mit Posten zu besetzen. Der feindliche Stützpunkt zweiter Linie vor dem Ostrand des Waldes müßte aber vom Feinde gesäubert und dann mit Unteroffiziersposten besetzt werden. Der Angriffsraum des Regiments war vom “Mittelgeräumt” bis zum östlichen Waldrand. Zur Wegnahme des unterminierten feindlichen Stützpunktes in der ersten Linie vor dem linken Flügel 3. bayerisches Infanterie-Regiment sollte ein Bataillon RIR 10 mitwirken. Es war der Brigade unterstellt. Nach erneuter Artillerievorbereitung sollte dann am 22. März seitens des linken Flügels der 11. bayerischen Infanterie-Division im Zusammenwirken mit dem rechten Flügel der 11. Reserve-Division die feindlichen Werke auf dem Höhenzug ostwärts vom Ostrand des Waldes zwischen diesem und der Straße Hautecourt – Esnes gestürmt werden.
Am 19. März vormittags hatte der Brigadekommandeur selbst die unmittelbare Führung des Abschnittes übernommen und alle Vorbereitungen nachgeprüft, der Regimentskommandeur war in eine Befehlsstelle nahe hinter der Mitte der vorderen Gefechtslinie des Regiments vorgegangen. Am 20. März eröffneten Schlag 8 Uhr vormittags unsere Artillerie und unsere Minenwerfer das Wirkungsschießen. Merkwürdigerweise erwiderten die Franzosen sofort das Feuer mit mindestens der gleichen Wucht, so dass die Vermutung entstand, daß sie nicht überrascht waren. Wir waren vielleicht ihren neuen Abhörapparaten gegenüber bei Telephongesprächen damals noch nicht vorsichtig gewesen. Am linken Flügel des Regiments (II./3. bayerisches IR) war das feindliche Minenfeuer in der zweiten und dritten Linie besonders wirksam. Schweres Sperrfeuer lag auch auf den Laufgräben. Schon gegen Mittag war trotz aller Vorbereitungen und trotz aller Bemühungen der tapferen Leitungspatrouillen kein Fernsprechverkehr mehr möglich. Mühsam, mit wichtigen Meldungen und befehlen und todesmutig trotz schwerer Verluste arbeiteten sich die Läuferketten durch das von schwersten Kalibern zerwühlte und immer mehr verschlammende Grabengewirr. Endlich rückte die vierte Nachmittagsstunde heran. Die Bataillone meldeten um 03.45 Uhr nachmittags, trotz des nunmehr acht Stunden lang ertragenen Höllenfeuers recht zuversichtlich. Sie halten die Wirkung des eigenen Minenwerferfeuers und Artilleriefeuers für gut, und sind voll Selbstvertrauen. Punkt 4 Uhr bricht alles los. I/3. bay. I.R. rechts, II./3. bay. I.R. links in vorderer Linie. In diesen bildete die vordere Welle von rechts nach links 1./3., 3./3., 7./3. und 8./3. bay. I.R. Der linke Flügel (8./ und 7./ Kp.) soll die Sprengung des feindlichen Stützpunkt abwarten. Die Sprengung versagt. Drei Minuten warten die beiden Kompagnien. Als aber der Leutnant der Pioniere ihnen zuruft, die Sprengung habe endgültig versagt, da werfen sich die beiden Kompagnien todesmutig auf den mit Rücksicht auf die vorbereitete Sprengung von den Minenwerfern wenig bearbeiteten, feindlichen Stützpunkt, der sich kräftig wehrt. Viele Blutsopfer, darunter der Führer der 8./Kp Lt. d. Res. Henle und den Pionieroffizier kostet diese unglückliche Episode, aber der Siegeswille der tapferen Truppe hält durch. Die anderen Sturmtrupps des Regiments dringen verhältnismäßig rasch in die vordere Linie des Feindes ein und treten sofort wieder in Richtung auf die zweite in lichterem Hochwald liegende feindliche Stellung an; nur kurze Zeit verzögert das aus dem Kampf um den Stützpunkt von links her streichende Flankenfeuer das Vordringen der Mitte. Der rechte Flügel des Regiments hielt gleichen Schritt mit dem 22. bay. I.R. 4.40 Uhr konnte das I./bay. I.R. 3 schon melden, daß es im vollen Kampf um die zweite feindliche Linie liege. Trotz des mörderischen Sperrfeuers rückt die Regimentsreserve (III./3. bay. I.R.) in die Sturmstellung nach. 9./3. bay. I.R. wird dem II./3. bay. I.R. zur Verfügung gestellt. Der Kampf um die zweite feindliche Stellung erfordert besonders überlegte und beherzte Einzeltaten; denn sie ist durch starke unzerstörte Drahthindernisse geschützt und von mehreren Betonblöcken mit Maschinengewehren flankiert. Durch Lücken im Hindernis und durch Sappen bahnen sich die Stoßtrupps kämpfend den Weg. Mit Handgranaten wird den Blockhäusern zu Leibe gerückt und dadurch ihr Feuer, wenn die sofortige Wegnahme nicht gelingt, wenigstens solange niedergehalten, bis die Nebentruppen daran vorbeigestürmt sind. Im Negerdorf (wie wir das aus den Fliegeraufnahmen erkennbare Unterstandslager im südöstlichen Teil des Waldes nannten) wurden Stäbe und Reserven überrascht und gefangen genommen. Ein französischer Regimentskommandeur versicherte den eindringenden Dreiern, er habe geglaubt, wir seien noch im Kampf mit seiner vordersten Linie. So wurde gegen 05.10 schon von Teilen des I./3. bay. I.R. der Südostrand des Waldes erreicht, während das II./3. bay. I.R., das auch in der zweiten Linie heftigeren Widerstand fand, die schwersten Verluste erlitt und langsamer vorwärts kam. Gerade diejenigen Kompagnien, die die härteste Arbeit um den Stützpunkt in der feindlichen ersten Linie gehabt hatten, kamen nach dem Durchstoßen der feindlichen zweiten Linie am Ostrand des Waldes wieder an einen feindlichen Stützpunkt heran. Bevor an die Säuberung dieses zweiten Stützpunktes herangegangen werden konnte, fiel bereits die Dämmerung ein. Die zur Feststellung der dortigen Verhältnisse entsandte starke Offizierspatrouille geriet in den Nahkampf mit einzelnen, dort eingenisteten, anscheinend versprengten Franzosen, bezeichnete aber im übrigen in seiner Meldung die Befestigungsgruppe als vom Feind frei. Das Regiment hatte schwer gerungen, es hatte 426 Mann, darunter eine große Anzahl der besten Kompanie- und Zugführer verloren, aber das Angriffsziel war erreicht. Der Wald von Avocourt war genommen, eine feindliche Brigade war aufgerieben. Das 3. bay. I.R. hatte 9 Offiziere, 1031 Mannschaften, 3 Geschütze, 10 MG, 1 MW an die Division abgeliefert. Der Armeeführer und der kommandierende General beglückwünschte die Division zu dem Erfolg. Seine Majestät der König von Bayern telegraphierte am folgenden Tage. Ununterbrochenes schweres Feuer lag auf der müden Truppe, die sich in der naßkalten Märznacht eingrub, und, wo es möglich war, in französischen Gräben einnistete. Das Reservebataillon (III./3. bay. I.R.) war die Nacht über tätig der vorderen Linie Munition und Handgranaten sowie Stellungsbaumaterial zuzuführen. Die Verpflegung bildet der eiserne Bestand.
Am Abend hätte der rechte Flügel des 3. bay. I.R. – noch 1/2 I./b. R.I.R 13 nachgeschoben werden sollen. Es wurde aber wieder zur Brigadereserve zurückbeordert. Da I./3. bay. I.R. schon französische Gegenstöße abzuwehren hatte, befahl der Regimentskommandeur an III./3. bay. I.R. näher an das I./3. bay. I.R. heranzurücken, wie auch mit II./3. bay. I.R. in Fühlung zu bleiben.
Der dem 3. bay. I.R. zugeteilte Scharfschützentrupp 41 übernimmt in Verbindung mit der rechten Flügelkompagnie (1./3. bay. I.R.) den Schutz der vollzogenen Halblinksschwenkung des Regiments gegen feindliche Vorstöße von Süden her. Diese Schwenkung war notwendig, um die Front gegen die am 22. März zu stürmenden feindlichen Stellungen an der Straße Hautecourt – Esnes zu gewinnen.
Schon in den ersten Morgenstunden des 21. März steigerte der Feind sein Artilleriefeuer. Das II./3. bay. I.R. meldete zeitweise Vorwärtsbewegungen lichter feindlicher Schützenbewegungen von der Höhe 280 (an der Straße Hautecourt – Esnes) her gegen den Stützpunkt hart vor dem Ostrand des Waldes. Das feindliche Artilleriefeuer steigerte sich besonders 6 Uhr morgens zu ungeheurer Heftigkeit. Es blieb aber bei den schwächlichen Gegenangriffsversuchen, die die Franzosen in den ersten Morgenstunden gemacht hatten. Das immer planmäßiger konzentrisch auf das vorspringende Waldstück (Wald von Avocourt) gelenkte feindliche Artilleriefeuer forderte sehr bedeutende Verluste (149 Mann, darunter der Kommandeur I./3. bay. I.R. Hauptmann Freiherr von Hacke). Dies alles ließ die ermattete Truppe nicht zur Ruhe und zur gründlichen Ordnung der Verbände kommen und ließ keine eigentliche Siegerstimmung aufkommen. Der Aufenthalt in den verschlammten Gräben wurde immer qualvoller.
Während der Nacht zum 22. März lag besonders auf dem Negerdorf und den rückwärtigen Linien schweres Artilleriefeuer; dass sich gegen Morgen auch auf die Waldränder richtete. Die Verbände konnten unter diesen Umständen zu dem für den Nachmittag befohlenen Angriff auf die ostwärts des Waldes gelegene Höhe 280 nur unter größten Schwierigkeiten neu gruppiert und angesetzt werden. In der Nacht 21./22. März erfolgte die Ablösung des II./3. bay. I.R. durch III./3. bay. I.R.. Früh 1 Uhr begann die Übernahme der Stellungen und Posten im Stützpunkt vor dem östlichen Waldrand. Die Postenlinie von II./3. bay. I.R. beschrieb einen Halbkreis hart östlich des Waldrandes. Dieser Raum wurde mit Teilen 12./3. bay. I.R. und 10./3. bay. I.R. belegt, während 9./3. bay. I.R. nördlich und 11./3. bay. I.R. südlich davon am Waldrand bereitstanden und die der Angriffsgruppe noch zur Verfügung gestellte 4./3. bay. I.R. als Unterstützung links rückwärts gestaffelt wurde. Eine Meldung des Führers 9./3. bay. I.R. von 09.30 vormittags gab Veranlassung, daß man nach weiteren Erkundungen gegen Mittag beim Bataillonsstab erkannte, daß die übernommene vordere Linie nicht die äußersten (östlichen) Teile des Stützpunktes einschloß, sondern das hier noch Franzosen steckten. Daraufhin befahl der Bataillonsführer den äußeren Halbkreis sofort zu besetzen, oder, wenn dies nicht ohne weiteres möglich wäre, alle Vorbereitungen für die Inbesitznahme der vom Feinde besetzten Teile zu treffen. Die abgesandten Patrouillen erhielten sämtlich aus nächster Nähe Infanterie- und Handgranatenfeuer. Dem Regiment wurde durch die Läuferkette gemeldet, in ein paar äußeren Teilen des Stützpunktes seien noch Franzosennester, die sich heftig zur Wehr setzten. Zur Vorbereitung der Wegnahme erbat das Bataillon Minenwerferfeuer auf einige näher bezeichnete Punkte. Die Meldung und der Auftrag wurden vom Regimentskommandeur weitergegeben. Er bekam den Bescheid, daß Minenwerferfeuer nicht dorthin gelenkt werden könne, was etwa 3 Uhr nachmittags an das Bataillon weiter gegeben werden konnte. Nach den Meldungen, die der Regimentskommandeur am 21. März vom Kommandeur II./3. bay. I.R. mündlich erhalten hatte, konnte er diesen “Schützennestern” keine allzu erhebliche Bedeutung beimessen. Er gab daher Befehl, die Nester durch Stoßtrupps zu räumen. Die Durchführung erwies sich aber als unmöglich, zumal auch heftiges Artilleriefeuer auf dem Waldsaum lag. Zum Angriff waren rechts von der Gruppe des III./3. bay. I.R., zwischen dieser und der rechten Flügeldeckung (1./3. bay. I.R. und Sch.Sch.Tr. 41) I./bay. R.I.R. 13 und III./3. R.I.R. 13 eingeschoben worden. Diese bildeten eine eigene Gruppe unter dem Kommandeur b. R.I.R. 13 hinter der Untergruppe III./3. bay. I.R., der auch 4./bay. I.R. 3 unterstellt war, sollte 2./bay. I.R. 3 und 3./bay. I.R. 3 als Staffel folgen. Das II./3. bay. I.R. befand sich als Brigadereserve in der früheren ersten französischen Linie nahe am Mittelgeräumt. Die telefonischen Verbindungen kamen trotz der eifrigsten, unerschrockensten Tätigkeit der Fernsprechtrupps nur hier und da auf ganz kurze Zeit zustande, auch die Läuferketten arbeiteten in dem schweren Trommelfeuer nur unter den allergrößten Schwierigkeiten und hatten schwere Verluste. Mittags 12 Uhr hatte die links anschließende 11. Reserve-Division ihren Angriff auf die nordwestlich unserer Sturmausgangsstellung vom 20. März noch in Feindeshand befindlichen starken Befestigungsgruppen auf den Höhen zwischen Malancourt und dem Wald von Malancourt angesetzt. Das Gelingen dieser Angriffe konnte erst die Grundlage schaffen für das Vorgehen dieser Division gegen Haucourt und Termitenhügel, dem sich dann der Angriff des linken Flügels der 11. Reserve-Division gegen die Höhen östlich des Waldes von Avocourt und des Waldes von Malancourt anschließen konnte. Unser Angriff sollte daher erst um 5.10 Uhr nachmittags losbrechen, 10 Minuten nach dem Wiederantreten der 11. Reserve-Division.
Als nun diese Zeit herannahte und die Säuberung des vor dem Waldsaum gelegenen Stützpunkt durch Stoßtrupps nicht gelungen war, ordnete der Regimentskommandeur an, daß sich zugleich mit dem Antreten zum Sturm Handgranatentrupps auf die Franzosennester zu stürzen und daß das in zweiter Linie folgende Halbbataillon (2./ und 3./bay. I.R. 3) die sich etwa noch zu Wehr setzenden Widerstandsnester zu überwältigen habe. Die schwierigste, unter den gegebenen Verhältnissen geradezu unausführbare Aufgabe fiel der 9./ Kompagnie zu. Sie sollte aus einem einspringenden Teil der Stellung zwischen einem starken Befestigungssystem, das der rechte Flügel der 11. Reserve-Division hätte wegnehmen sollen, das aber noch von den Franzosen besetzt war, und dem von den Franzosen wieder besetzten Stützpunkt vor III./3. bay. I.R. hindurch Grabenstücke an dem von der Höhe 280 gegen den Wald herunter abfallenden Hang stürmen, die das Angriffsfeld des 3. bay. I.R. und des bay. RIR 13 von links her flankierten. Schon die Erkundung, ob die Wegnahme des links von ihr liegenden Verteidigungssystems durch die anschließende 11. Reserve-Division gelungen sei, kostete der Kompagnie zwei tüchtige Offiziere.
Pünktlich mit den übrigen Sturmtruppen tritt die Kompagnie an, muß sich aber naturgemäß zunächst gegen die beiden Flankierungen wenden, von denen allmählich die linke durch den Angriff der 11. Reserve-Division einigermaßen niedergehalten wird. Dagegen kommt die 9./bay. I.R. 3 nicht am Stützpunkt vorbei und greift daher die dortigen Widerstandsnester an. Die übrigen Kompagnien von III./3. bay. I.R. dringen – wie befohlen – unter Niederhaltung dieser Franzosennester teils durch, teils rechts vom Stützpunkt vorbei an dem unteren Hang der Höhe 280 vorwärts. Da verstärkte sich gegen 5.30 Uhr der Widerstand des Feindes hinter ihnen. Es erscheinen mehrere neue M.G. im Stützpunkt und feuern ihnen in den Rücken. Ferner bekommen sie von den von Westen nach Osten auf die Höhe hinauf verlaufenden Schützengräben, längs dessen die 9./bay. I.R. 3 im Verein mit dem rechten Flügel des RIR 10 (11. Reserve-Division) hätte vordringen sollen, Flankenfeuer. Das frontale, vor allem das von rechts und von rechts rückwärts – also von der Gegend des Hermont – her fegende Artilleriefeuer erreichte unbeschreibliche Heftigkeit. Trotzdem stürmten schwache, führerlose gelichtete Häuflein auf die Höhe, Teile von 12./bay. I.R. 3 sogar darüber hinaus in einen feindlichen Graben an der Straße Hautecourt – Esnes vor, ohne seitens der zermürbten feindlichen Besatzung, die sich zum Teil ergab, mehr nenneswerten infanteristischen Widerstand zu finden; aber sie fanden auch keinen Anschluß, weder nach rechts noch nach links. Auch von hinten kam nichts mehr nach, da man noch um den Stützpunkt rang. Trotzdem hielten sich die tapferen Gruppen unter Aufbietung fast übermenschlicher Willenskraft und unter schweren Verlusten in der Hölle, des von allen Seiten her tobenden Artillerie- und MG-Feuer noch eine zeitlang und gingen erst bei einbrechender Dämmerung, ein kleines tapferes Häuflein der 11./bay. I.R. 3 sogar erst am nächsten Morgen, allmählich wieder auf den Waldsaum zurück. Das Bataillon gab den Befehl, die Linie am Waldsaum wieder zu besetzen. Die Führer boten alles auf, in der Dunkelheit und in dem fürchterlichen Trommelfeuer, die Truppe einigermaßen zu ordnen. Das zwischen 7 und 8 Uhr abends am Waldsaum mit Teilen eintreffende eintreffende II./3. bay. I.R. gibt den nötigen Rückhalt. Die völlige Erschöpfung der durch schwere Verluste geschwächten und vollkommen durcheinander geratenen Truppe, die Dunkelheit, das flankierende feindliche Trommelfeuer und das Fehlen jeder frischen Reserve verbot ein erneutes Ansetzen des Sturms, zumal man erfuhr, dass bei dem rechts anschließenden bay. RIR 13 die Lage die gleiche war. Die Verbände wurden im heftigsten Artilleriefeuer, so gut es eben ging, geordnet und die feindliche Besatzung im Stützpunkt nun endgültig überwältigt. Hierbei wurden ein französischer Stabsoffizier, mehrere andere Offiziere und über 200 Mann als Gefangene eingebracht. Jetzt fand sich auch des Rätsels Lösung. Die Gefangenenaussagen ergaben, daß die Franzosen den Stützpunkt erst in der Nacht zum 22. März, also während der Ablösung des II./3. bay. I.R. durch III./3. bay. I.R., in seinen damals von uns nicht besetzten östlichen Teilen von Béthincourt her mit einem halben Bataillon wieder besetzt hatten. Die Meldungen, die der Kommandeur am 21. März mittags von dem Führer des II./3. bay. I.R. persönlich entgegen genommen hatte, fanden also damit ihre volle Bestätigung.
Eine teuflische Verkettung ungünstiger Umstände haben an diesem Tage das Regiment um den schon beinahe errungenen Siegespreis gebracht; aber besiegt war es nicht und fühlte es sich auch nicht, wenn auch die Nervenkraft von manch tapferen Soldaten unter den fürchterlichen Eindrücken des konzentrisch gegen das vorspringende Waldstück zusammengefaßten und insbesondere den Ostrand der Länge nach bestreichenden feindlichen Artilleriefeuers zu erlahmen drohte. Als Ganzes aber hielt das Regiment durchaus die Fahne hoch, ein angreifender Feind wäre zweifellos an dem Eckpfeiler des Waldes von Avocourt zerschellt.
Auszug aus Bayerns Goldenem Ehrenbuch 1914 – 1918…
Das bayerische Infanterie-Regiment 22 war im Verbande der 11. Infanterie-Division ostwärts Grandpré ausgeladen worden. Es sollte die feindliche Stellung im Avocourt-Wald nehmen. Sie bestand aus 3 Linien hintereinander, jede etwa 500 m von der anderen entfernt.
Im Regimentsabschnitt wurde das I./22 rechts, das III./22 links eingesetzt, links beim “Mittelgeräumt” anschließend das 3. Infanterie-Regiment. Rechts hatte das 22. Inf.-Rgt. Anschluß an das württembergische Landwehr-Infanterie-Regiment 120.
Bald merkte der Gegner an der viel eifrigeren Tätigkeit als bisher unsere Angriffsvorbereitungen und begann ab 08. März mit Artillerie- und Minenwerferfeuer die Arbeiten zu zertrümmern. Feuerüberfälle aller Kaliber bis zu 31 cm, durch Flieger und Ballon geleitet, schmetterten täglich stundenlang im Wald von Avocourt Gräben, Sappen, Unterstände und Bäume zu einem wütenden Chaos zusammen. Tagesverluste bis zu 50 Mann mußte die anstrengend arbeitende Truppe über sich ergehen lassen. Es war eine schwere Nervenprobe.
Der Angriff, der schon am 09. März beabsichtigt war, schob sich bis 20. März hinaus, da die nötige Anzahl an Batterien und Minenwerfern erst nach Erledigung einiger anderer Unternehmungen zur Verfügung stand. In dieser Stellung machte das Regiment zum ersten Male die Wahrnehmung, daß Telephongespräche durch mikrophonartige Apparate von den Franzosen abgehört wurden. Größte Vorsicht wurde allen eingeschärft, besonders auch den Telephonisten, Decknamen erfunden, so daß es dem Feind nicht gelang, unsere Absichten, vor allem Tag und Stunde des Angriffs zu erfahren.
Große Freude herrschte bei Offizier und Mann, als einige Tage vor dem Sturm unser Divisions- und Brigadekommandeur Exzellenz von Kneußl und General von Schoch die Truppe im Graben besuchten und sich sehr lobend über ihr Verhalten aussprachen.
Beim I./22, Major Reiß, waren 1. Kompagnie (Hauptmann Nepf) und 4. Kompagnie (Oberleut. d. R. Schreck) als Sturmkompagnie, 3. Kompagnie (Leut. d. R. Düll) als Reserve dicht dahinter, 2. Kompagnie (Leut. Rieß) als Baukompagnie, beim III./22, Major Seißer, 11. Kompagnie (Leut. d. R. Neumüller II) und 12. Kompagnie (Oberleut. d. L. Sendel) als Sturmkompagnie, 9. Kompagnie als Reserve, 10. Kompagnie (Leut. d. R. Antz) als Baukompagnie bestimmt. Die Baukompagnien hatten Stellungsbau-Material aller Art vorzubringen. Das II./22, Major Hauck, war in dritter Linie in Reserve und wurde später zum Vorbringen von Material, Munition u.s.w. verwendet.
Alles war bis aufs kleinste vorbereitet.
Am 20. März 1916 vormittags 08 Uhr begann das deutsche Vorbereitungs- und Vernichtungsfeuer auf alle drei französischen Gräben aus zahlreichen Batterien verschiedener Kaliber und aus Minenwerfern. Es war das erste Trommelfeuer, das das Regiment erlebte, Gott sei dank aber nur als Zuschauer. Ein fürchterliches Feuer, ein furchbares Heulen, Zischen und Krachen der Geschosse ohne geringste Unterbrechung. Den Franzosen mag es wohl schwül geworden sein ob diesen schrecklichen Unwetters, das über sie so plötzlich dahergebraust kam. Aber auch sie erwiderten tüchtig das Feuer, das aber in der Hauptsache auf die rückwärtige Stellung gerichtet war, so daß die Sturmbataillone keinen Schaden erlitten. Deutscherseits war alles in den “Bombensicheren”, nur einzelne Posten, gut eingebaut, standen im Graben. Auch an den Stolleneingängen saßen Beobachter. Verderben brachten unsere Geschütze und Minenwerfer, Erde, Draht und Eisenbrocken flogen in die Luft, das Unterholz wurde zerhackt, meterstarke Bäume stürzten krachend zusammen, einzelne Franzosenleichen hingen, durch den Luftdruck 10 – 15 m in die Luft geschleudert in den Ästen der Bäume. Das vorher so undurchdringliche Unterholz wurde immer lichter, ein furchtbares Gewirr von Draht, Ästen und Bäumen lag umher, Baumstümpfe standen kahl. Bis 04 Uhr nachmittags dauerte dieses höllische Feuer und hatte aus dem Dickicht eine Lichtung gemacht. Unsere frühere Sorge um das Vorgehen war unnötig gewesen. Um so besser!
Punkt 04 Uhr wurde ein langer gegen den Gegner gerichteter Stollen gesprengt, haushoch flogen die Trümmer alles dessen, was über ihm war; ein großer Flammenwerfer spie Flammen und Rauch zur ersten französischen Linie und zur gleichen Zeit stürtzten die Sturmabteilungen aus dem Graben. Über das wüste Chaos, über die Trichter hinweg ging das Laufen und Rennen, Infanteriegeschosse pfiffen, Artilleriegeschosse heulten über die Stürmenden, aber unentwegt ging es vorwärts, jeder hatte das Bestreben “nix wie vor, nix wie druff”! Der erste französische Graben wurde glatt überrannt, er war durch das deutsche Feuer völlig eingeebnet, die Besatzung begraben. Weiter ging es zum zweiten französischen Graben. Vor diesem war das 5 m breite Drahthindernis zum Teil noch unversehrt, heftiges Infanteriefeuer pfiff uns entgegen. Also “Stellung – Schützenfeuer!” Ein kurzes Feuergefecht entstand, hier und dort drangen die 22er im Graben ein und trieben die Franzosen zusammen. An anderen Stellen gelang es Gruppen, durch Lücken des Drahthindernisses unterstützt von herangeeilten Maschinengewehren, in die französische Stellung zu kommen und so die noch standhaltenden französischen Soldaten im Rücken anzugreifen. Das hielten die Franzosen nicht aus und schon durch das furchtbare Feuer, das sie in dieser Gewalt wohl zum ersten Male erlebt hatten, stark erschüttert, ergaben sie sich bald. Mit hoch erhobenen Händen, mit allen Zeichen des ausgestandenen Schreckens im Gesicht, stiegen sie aus dem Graben, liefen den nachfolgenden Sturmwellen und Reserve-Kompagnien entgegen, einige am ganzen Körper zitternd. Man brauchte ihnen nur mit einem Wink die Richtung anzugeben und sie rannten, rannten wie besessen rückwärts hinter unsere Linie. Immer weiter gings, es galt noch die dritte französische Linie zu nehmen. Doch diese war, durch das anfangs dichte Unterholz gedeckt, von unserer Artillerie nur teilweise gefaßt worden, so daß hier den Stürmenden noch mehr Widerstand geleistet wurde. Zudem feuerten noch intakte Maschinengewehre aus gutem Versteck, in Trichtern, sogar in Laufgräben hielten noch Tapfere stand. Aber es half ihnen nichts, jeder Widerstand wurde von dem wütenden Draufgehen der 22er gebrochen, unterstützt durch den mehr moralischen Eindruck des tragbaren kleinen Flammenwerfers. Mit Handgranaten und Bajonett wurden die letzten Gegner mürbe gemacht. Bald war auch die dritte Linie im Besitz der 22er. In Haufen ergaben sich die Franzosen und rannten froh, der Hölle entronnen zu sein, wie geistesabwesend davon. Bedeckung war unnötig.
Doch vorwärts ging es, ohne Aufenthalt, vor an den Waldrand, das Ziel des Angriffs. 05 Uhr nachmittags war der ganze Wald mit dem gesamten Stellungssystem der Franzosen in der Hand des 22. Infanterie-Regiments. Auch das anschließende 3. Infanterie-Regiment hatte sein Ziel erreicht.
Stolz erfüllte die 22er, Freude leuchtete aus ihren Augen ob dieses Sieges, ganz besonders aber als sie erfuhren, daß die gesamte französische Besatzung – etwa 2500 Mann, soweit sie nicht gefallen waren – einschließlich Regiments- und Brigadestäbe gefangengenommen hatten. Zahlreiche Beute an Kriegsmaterial, darunter viele Maschinengewehre und ein Geschütz, sowie zahllose Ausrüstungsstücke fielen in die Hände der siegreichen Stürmer. Auch eine Küchenanlage mit je einem Kessel fertiger Suppe und Kaffee fand sich vor. Beides kam nun den 22ern zugut. Außerdem hatte das I./22 eine Ehrenfahne des französischen 111. Infanterie-Regiments erbeutet, die dem Regiment von der Stadt Nizza geschenkt war.
Wie durchschlagend der Erfolg, wie vollständig die ganze französische Brigade erledigt war, ging daraus hervor, daß am Abend ein französischer Stabsarzt und ein Sergeant die von rückwärts kamen und zu ihrer Truppe wollten, eingebracht wurden. Sie hatten keine Ahnung von dem, was sich inzwischen ereignet hatte, und waren sehr erstaunt, von deutschen Soldaten empfangen zu werden. Der Sergeant hatte außerdem die Post für seinen Truppenteil bei sich, die er nun hinter den deutschen Linien bei den Gefangenen verteilen konnte. So ist es wohl sicher, das kein Mann aus dem Wald entkommen ist. Ein gefangener französischer Major fragte immer wieder:”Haben sie den ganzen Wald, haben sie wirklich den ganzen Wald?”
Wir hatten ihn wirklich!
Die Verluste des Regiments waren auffallend gering. Tot 4 Offiziere, 1 Fähnrich, etwa 50 Unteroffiziere und Mannschaften, verwundet etwa 100 Mann. Oberleutnant d. L. Seydel und Leutnant Foel waren an der Spitze ihrer Sturmtrupps gefallen, ebenso Leutnant d. R. Barth und Fell, Fähnrich Pfleger. Unteroffizier Schulze der 1. Kompagnie, seinen Leuten weit voraus, fiel, Unteroffizier Schramm, der tapfersten einer, wurde beim Sprung in den zweiten Graben verwundet und gleich ihm eine Anzahl weiterer Tapferer. Vizefeldwebel Gießer zeichnete sich ebenfalls durch Unerschrockenheit und Tapferkeit aus. Assistenzarzt Thurmayer erwarb sich an diesem Tage den Militär-Sanitätsorden II. Klasse und einige Tage später den I. Klasse. Seine unerschrockene Fürsorge für die Verwundeten mitten im Feuer ohne Rücksicht auf seine Person wird allen 22ern, die ihn kannten, unvergessen bleiben.
Oberstleutnant a.D. Nepf, Kompagnieführer damals im Regiment
2 Antworten auf „Avocourt-Wald – 20. März 1916“
Mein Großvater Étienne Réguis, 111-tes Infanterieregiment, aus Beaucaire / Gard, geb. 1894, zählte am Abend des 20. März 1916 zu den von der 22er gemachten französischen KGF . Das hatte mindestens zwei Konsequenzen:
1. es gab 20 Jahre später erst meine Mutter, und 50 Jahre später mich, denn er kam kurz vor Weihnachten 1918 zurück in die elterliche provenzalische Familie ( Winzer / Großgrundbesitzer/ Einzelkind ) .
2. der 20. März 1916 ist als große Schande in die französische Militärgeschichte eingegangen und hat das Mißtrauen der Nordfranzosen “gegen die ehrlosen und feigen Südfranzosen” begründet ( die u.a. im 111-ten Inf. Reg. zusammengefaßt waren ) . Maréchal Pétain war außer sich, die Presse tobte .
Und ich bin froh am Leben zu sein.
Im 15. Juli 1895 kam Heinrich Zauner zur Welt, der am 20. März 1916 bei Avocourt, Frankreich gefallen ist. Er war Soldat beim 3. Infantrie Regiment, 5. Kompanie, Eintritt am 23.01.1915 bis zum 20.10.2915 in die Kaserne des 3- Infanterieregiments in Augsburg, ab dem 15.Okt 1915 kam Heinrich mit dem Zug nach Serbien, wo der Völkermord begonnen wurde, nach 14 Tagen kam er nach Weißkirchen zu etwas Ruhe, Dann der Befehl nach Antwerpen , von da nach Süden, nach Verdun. Er kam in die Schützengräben der vordersten Front, dort bei Malancourt-Avocourt . Bei einem Sturmangriff auf Avocourt Wald durch eine französische Granate am Kopf schwer verwundet und sofort starb. Bericht westlich der Maas vom 21.03.16. Für Heinrich gibt es eine schöne Grabrede von Kooperator Zellner bei der Trauerrede in Mitterskirchen.