Die Tunnel auf der Höhe Toter Mann

Gedeckte Verbindungen von Nord- und Südhang des “Toten Mann” wurden durch den westlich seiner Kuppen geführten 1000m langen Kronprinzen-Tunnel, der vom Rabenwald zur Caurette-Mulde führenden 800m langen Gallwitz-Tunnel und den, die Nordkuppe des “Toten Mann” mit seiner Süd-Kuppe verbindenden kleinen Runkel-Tunnel. Der Kronprinzen- und der Gallwitz-Tunnel waren als Verkehrsadern mit Förderbahnen anschliessend an das rückwärtige Förderbahn-Netz ausgebaut und enthielten in Seitenstollen Verpflegungs- und Munitionsniederlagen, Beleuchtungs- und Sanitätsanlagen, Brunnen und vorgeschobene Waffenmeister-Werkstätten, sowie Funkstationen. Die Decken waren etwa 10 m stark, zum Teil stärker, wurden jedoch an den Nord- (Haupt-)eingängen allmählich schwächer. Da hier mit dem Einschiessen der Decken zu rechnen war, liess die Division den Einbau von Abschlusswänden vorbereiten.
(Quelle: Bundesarchiv)

Soweit der Bericht der 6. Reserve-Division über die Tunnelanlagen auf der Höhe Toter Mann. Die Quellenlage ist dürftig, da es kaum Archiv-Unterlagen über die daran beteiligten Einheiten gibt.

Der Runkel-Tunnel (später Bismarck-Tunnel)

Die Gefährdung durch Artilleriefeuer auf der Doppelkuppe des Toten Mannes führte im Juli 1916 zu dem Gedanken, einen Tunnel unter dieser her anzulegen. Ziel für den Bau des Runkel-Tunnels war es, gefährdungsfrei aus dem Bereitschaftsgraben (Zwischenstellung) in die Hauptkampflinie zu gelangen. Der Namensgeber war der Kommandeur der 43. Reserve-Division, Generalleutnant von Runkel. Der Ausgangspunkt lag 500 m nördlich des Kampfgrabens. Den nördlichen 420 m langen Teil, der unter der Kuppe 295 hindurchführte, baute die 3./ Pionier-Bataillon 7. Das südliche 50 m lange Stück die Grabenbesatzung des Infanterie-Regiments Nr. 13. Der nördliche Teil hatte am Ende einen doppelten Ausgang, sowie im 1. und 2. Drittel je einen weiteren Doppelausgang. Etwa 30 Stufen führten jeweils in die Tiefe. Der Runkel-Tunnel hatte eine Höhe von 1,80 m und eine Breite von 1,20 m und war mit Schurzhölzern ausgebaut.
Im südlichen Tunnelteil, dessen Eingang in der 2. Linie ein Stück westlich der Ausmündung des nördlichen lag, mündete in der 1. Linie auf der Südkuppe Höhe 285. Die Zugänge in diesem Abschnitt bestanden aus nur einem Treppenabgang.
Zu welchem Zeitpunkt die Umbenennung in Bismarck-Tunnel erfolgte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

Tunnel
Möglicherweise ein Seiteneingang des Bismarck-Tunnels
Die Horchstollen beim Runkel-Tunnel

Unmittelbar südlich des Kampfgrabens auf der Südkuppe legte die Truppe Minier-Horchstollen an. Den ersten dicht beim Runkel-Tunnel, den zweiten etwa 250 m weiter westlich in der Adlersappe. Dieser bestand aus drei je 40 m nebeneinander liegenden Stollenabgängen, die in einer Tiefe von 15 m durch einen Querschlag miteinander verbunden waren. Durch diese Horchstollen sollten französische Minenangriffe vorzeitig erkannt werden. Des weiteren fürchtete auch die französische Seite deutsche Minenangriffe und so finden sich auf der Caurettes-Höhe Senkschächte aus denen Horchstollen in Richtung Norden abgehen.

Der Kronprinzen-Tunnel

Einen weiteren Tunnelbau auf der Höhe Toter Mann gab das Generalkommando des VII. Armeekorps unter General François in Auftrag.

Hermann Karl Bruno von François, preußischer General, übernahm ab dem 29. Juni 1915 das Kommando über das VII. Armeekorps. Das Generalkommando war die Verwaltungs- und Kommandobehörde des Armeekorps und in Liny untergebracht.

Der Kronprinzen-Tunnel begann südwestlich des T-Wäldchens und führte nahe der Abschnittsgrenze in einer Länge von rund 1100 m bis in die Zwischenstellung. Die Tunnelbreite betrug etwa 3 m.
Der Bautrupp soll aus etwa 120 Mann bestanden haben, davon etwa 50 Bergleute aus dem westfälischen Revier. Dieser Trupp arbeitete in drei Gruppen, der Vortrieb soll 7 m pro Tag betragen haben. Der Abraum wurde in der Umgebung der Baustelle gelagert, dies machte die französischen Ballon-Beobachter bald auf die Arbeiten aufmerksam.

Nach der Einnahme der Höhe Toter Mann, im Zuge der französischen Gegenoffensive vom 20. August 1917, beschreibt ein französischer Bericht die aufgefundene Anlage wie folgt:

  • 5 Küchen in einem Seitenstollen für die Bereitschaftsbataillone
  • Maschinenraum mit ausbetonierter Decke und Seitenwänden
    • 1 Motor mit 4 PS
    • 1 Generator für die Bohrer
    • 1 Kompressor
    • 1 Benzin-Motor
    • 1 Lichtmaschine für die Tunnelbeleuchtung
    • 1 elektrischer Ventilator

Die Tunneldecke war mit Bohlen und Eisenträgern verstärkt worden. Nach einer Begutachtung eines französischen Pionier-Offiziers berichtete dieser, dass der Abstand der Stützen zu groß gewesen sei.
Am Südausgang gab es eine Quelle, die über Leitungen bis zum Nordausgang geführt wurde. Hier wurde das Wasser abgefüllt oder zur Kühlung des Maschinenraums verwendet. Das Sickerwasser leitete man in einen Senkschacht.
Die Treppe zum Südausgang hatte 84 Stufen, die der 12 Nebeneingänge zwischen 35 und 45 Stufen. Im Hauptgang gab es Türen zur Belüftung und Verteidigung.

Bekannte Mängel im Kronprinz-Tunnel

Im Mai 1917 verfasste der Kommandeur des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 35, einen Mängelbericht über den Tunnel an das Generalkommando, der ihm eine Rüge einbrachte.

Der über einen Kilometer lange, 3 m breite Kronprinzentunnel bildete in den monatelangen Stellungskämpfen mit der fast niemals aussetzenden Beschießung der Zugangswege eine willkommene Annäherungsmöglichkeit zu den Stellungsbataillonen auf und am Toten Mann. Der Tunnel lag im Abschnitt des R.I.R. 20 und unterstand in jeder Hinsicht der Zuständigkeit dieses Regiments, durfte aber von unserem Regiment als Weg zur Stellung mitbenutzt werden. Auch waren in ihm ein Sanitätsstollen und in einem besonderen Seitentunnel 5 Küchen für unsere Stellungsbataillone angelegt worden.

Für den Blick des oberflächlichen Beschauers riefen die gesamten Anlagen den Eindruck wundervoller Sicherheit hervor. Kritischen Augen entgingen aber vom ersten Sehen an nicht die schweren Mängel und – es muß gesagt werden – unverzeihlichen Konstruktionsfehler; diese mußten bei einer planmäßigen Beschießung des Tunnels zu einer Gefährdung der ganzen Anlage führen. Die Wirklichkeit hat die Befürchtungen in furchtbarer Weise übertroffen. Die Katastrophe im Kronprinzentunnel führte seinerzeit vielfach zu einer Verurteilung derartiger Bauten überhaupt und vielfach wurde die Frage aufgeworfen, ob die Benutzung der noch vorhandenen Tunnels nicht besser zu verbieten sei. Das Regiment hat auf Grund seiner in Jahren gesammelten Erfahrungen im Tunnelbau sich dahin geäußert, daß bei der stetig gesteigerten Wirkung des modernen Artilleriekampfes einem taktisch richtig angelegten und technisch gut gesicherten Tunnel gar nicht genug das Wort geredet werden könne. Auf eine derartige Anlage verzicht, falls die Vorbedingungen hierzu erfüllt werden können, sei ebenso kurzsichtig, wie wenn man auf schußsichere Stollen und dergleichen verzichten wolle, lediglich deshalb, weil sie schließlich doch einmal eingeschossen werden könnten.

Der Kronprinzentunnel, dessen Anpassung ans Gelände guten militärischen Blick erkennen ließ, hätte im Brennpunkt der Augustkämpfe 1917 seine Aufgabe, “ein gesicherter Hort für die Frischhaltung der Reserven zu sein”, zweifellos erfüllen können, wenn nicht sein technischer Aufbau ungenügend, zu Teil völlig verfehlt gewesen wäre. Auf Grund seiner sofort im Mai 1917 geäußerten Bemängelung wurde der Regts.-Kommandeur damals zu einem begründeten Bericht über sein abfälliges Urteil aufgefordert; außerdem bemühte sich der Kommandeur der Pioniere der “Maasgruppe West” persönlich, um sein Werk bei gemeinsamer Begehung des Tunnels zu rechtfertigen und die geltend gemachten Bedenken zu zerstreuen.

Nachstehend seien noch einmal die augenscheinlichsten Mängel der Anlage ins Gedächtnis gerufen.

  1. Es war ein schwerer Fehler, zu glauben, daß die drei Meter breite Spannweite des Tunnels durch Doppel-T-Träger mit einem Profil von nur 17 Zentimeter genügend gestützt sei, obwohl diese Träger nicht einmal dicht aneinander gelegt, sondern mit einem Zwischenraum von 1/2 Meter eingebaut und in keiner Weise untereinander verstrebt oder abgesteift waren. Eine derartige Eindeckung reichte nach den diesseitigen Überlegungen gerade dazu aus, das darüber ruhende Gebirge zu tragen; sie trug aber nicht Rechnung den durch schweren Granateneinschlag bewirkten Erschütterungen und etwaigen hierdurch hervorgerufenen Verschiebungen der Erddecke.
  2. Dem Umstande, daß die über dem Nordausgang des Tunnels ruhende Erddecke auf weit über 100 m Länge infolge der Geländegestaltung eine völlig unzureichende Stärke besaß und daß die Gefahr der Verschüttung dieses Hauptausganges besonders groß war, war augenscheinlich keine sonderliche Beachtung geschenkt worden. Das Regiment wies darauf hin, das es zweckmäßig gewesen wäre, dem Ausgang des Tunnels eine geringere Spannweite zu geben, höchstens 2 m, und daß, wenn die nachträgliche Auftragung einer Betondeckung unmöglich sei, die Erddeckung auf mindestens 6 m angestrebt und die Anzahl der Deckenträger verdreifacht werden müßte.
  3. Schußsicher erschien dem Regiment der Tunnel erst jenseits der ersten 450 m, wo die Tunneldecke zu einer Stärke von 8 m und darüber anwuchs. Aber auch für diesen Teil des Tunnels mußte das geringe Profil der T-Träger, ihre viel zu weitläufige Anbringung usw., bemängelt werden.
  4. Als ganz unverzeihlich mußte die Anlage des Küchentunnels bezeichnet werden, weil er als Sack endigte, also keinen zweiten Zu- oder Ausgang hatte. Schon die Führung seiner Abzweigung vom Haupttunnel war fehlerhaft, weil die Spannweite der wie überall so auch hier verwendeten T-Träger bis auf 4 1/2 m stieg. Hierdurch stieg die Einsturzmöglichkeit bei einem schweren Volltreffer zu einer greifbaren Gefahr. Das im Verlauf des Großkampftages am 20.08.1917 gerade dieser, als schwächste Stelle des Tunnels bezeichnete Punkt einen oder einige Volltreffer erhalten mußte, was zum Verlust von Hunderten von Menschenleben führte und den längeren Kampf um den Besitz des Tunnels aussichtslos machte, ist gewiß nur ein unbegreiflicher, unglücklicher Zufall. Dieser Zufallstreffer hätte aber abgeschwächt werden können, wenn nicht laienhafte Unkenntnis und Sorglosigkeit dem lockeren Kalksteingebirge eine Widerstandskraft und Tragfähigkeit zugemutet hätten, die allenfalls einem Basalt- oder Granitsteingebirge gegenüber am Platze gewesen sein könnte. Niemals hätte der Zufallstreffer eine so katastrophale Auswirkung haben können, wenn der Küchentunnel einen zweiten Zugang oder Ausgang gehabt hätte, bzw. wenn nicht so schwere Konstruktionsfehler vorgelegen hätten.

Diese diesseitigen Bemängelungen der Tunnelanlagen führten eine unsachliche Antwort von höherer Stelle herbei, etwa dahinlautend, daß das Regiment froh sein könne, eine so bequem gelegene und so gesicherte Küchenanlage zu haben, um die es von vielen Regimentern beneidet würde. Zur Abstellung der offensichtlichen Mängel ist aber nichts geschehen. Lediglich am Nordausgang des Tunnels erfolgte eine Verstärkung der Decke durch Auftragen der aus dem Tunnel herausgeschafften Geröllmassen, herrührend von einigen neuen Erweiterungsbauten im Innern.

Das Regiment gedenkt an dieser Stelle noch einmal mit Dank des Erbauers der zahlreichen Tunnels und Tunnelstollen, seines ehemaligen Regimentsadjutanten Oberleutnants d. R. Paehr. Seines Zeichens Geologe und Bergassessor, hat dieser vortreffliche Kamerad mit seinem in langjähriger Praxis vertieften Wissen und Können, sowie mit seinem im Kriege hinzugewonnenen Erfahrungen Tunnel- und Stollenbauten hergestellt, die seinerzeit nicht nur die Bewunderung und Anerkennung aller Sachverständigen gefunden, sondern auch dem schwersten Feuer getrotzt haben; sie sind dank ihrer Konstruktion niemals Menschenfallen geworden. Seine Berechnungen, seine Bauart und methodische Arbeitsweise sind durch die von ihm ins Leben gerufene Stollenbauschule Gemeingut des ganzen Regiments geworden; aus ihrer Befolgung sind uns in Ost und West unschätzbare Werte erwachsen und erhalten geblieben.

Aus der Regimentsgeschichte des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 35

Gegen Ende Juli 1917 bahnten sich auf französischer Seite die Vorbereitungen für die Gegenoffensive gegen die Höhe Toter Mann an:

Im letzten Drittel des Juli, etwa vom 22. an, stellten unsere umsichtigen Patrouillen eine erhöhte Schanztätigkeit des Gegners vor unserem Abschnitt (Rote Erde) statt.

Gegen Ende Juli entwickelte der Gegner rege Fliegertätigkeit. Zum Teil leiteten die feindlichen Flieger das feindliche Feuer, zum Teil dienten sie der Erkundung unserer Stellungen auf dem Toten Mann sowie der des ganzen Hintergeländes. Die Ergebnisse der Erkundungsfliegertätigkeit zeigten sich wenige Tage darauf in einer regen Feuertätigkeit gegen bisher unbeschossen gebliebene Gräben, so z.B. gegen die der 2. Kampfstellung und des Hintergeländes um Béthincourt herum. Auch die Brücken über den Forgesgrund unterlagen einem vermehrten Beschuß. Besonders peinlich war aber der seit Anfang August planvolle Beschuß des nördlichen Ausganges des Kronprinzentunnels. Während der Weg dorthin bisher nur unter gelegentlichem Streufeuer gelegen hatte, war er jetzt zu allen Tages- und Nachtzeiten unter empfindlichem Feuer. Die bei den Erweiterungsarbeiten im Tunnel in letzter Zeit herausgeförderten und zur Verstärkung der Tunneldecke dienenden weißen Kalksteinmassen hatten der feindlichen Fliegerkamera nur allzu deutlich den Tunneleingang verraten, weil die bisher beobachtete Tarnung desselben unverantwortlicherweise für längere Zeit unterblieben war.

20.08.1917

Inzwischen hatte die fortgesetzt schwere Beschießung der Stellung und des gesamten Hinterlandes das ganze Gelände zu einem einzigen Trümmer- und Trichterfelde gemacht. Der Kronprinzentunnel, die Hauptverkehrsader und einzige Möglichkeit, noch nach vorn gelangen, Trinkwasser und Essen vorbringen zu können, war an mehreren Stellen durchschlagen, eine Anzahl von Ausgängen verschüttet worden. Höchst nachteiligerweise für die Feuerleitung waren außerdem die am Südhange des Tunnelkopfes gelegenen Art.-Beobachtungsstellen samt und sonders zerstört worden.

Bericht des Bataillons-Kommandeur des II./ R.I.R. 35

Nachdem wir dem feindlichen Feuer ausweichend nach der Höhe des Toten Manns gekommen waren, entschloß ich mich, die Befehlsstelle in den Kronprinzentunnel zu verlegen, um einen Punkt festsetzen zu können, wo mich Meldungen erreichten. Es dauerte wohl 1 1/2 Stunden, ehe wir vor dem Tunnel angelangt waren. Das Hinkommen war schwer, da besonders alle Eingänge unter starkem Feuer lagen. Als wir endlich im Tunnel waren und den frontwärts gelegenen Südteil durchschritten, mußten wir eine Stelle passieren, an der der Tunnel kurz vorher durchschlagen war; sie war bereits von Pionieren notdürftig abgestützt, mußte jedoch mit Vorsicht durchschritten werden, da Einsturzgefahr bestand.
Der Aufenthalt im Tunnel war im höchsten Grade ungemütlich. Dauernd hämmerten die schwersten Kaliber über uns, so dass alles dröhnte und zitterte, man erwartete jeden Moment den Einsturz.


Die Luft im Tunnel wurde allmählich immer unerträglicher, man hatte das Gefühl als sollte man ersticken. Um eine Verbesserung der Luft zu erlangen, waren von Pionieren an einzelnen Ausgängen Ventilatoren aufgestellt worden. Ihre Tätigkeit erreichte das Gegenteil. Infolge des starken nächtlichen Gasschießens des Gegners wurde Gas in den Tunnel hineingesogen. Die Luft wurde noch schlechter und wir mußten die Gasmasken aufsetzen. Um dieses Gas wieder zu entfernen, wurde nun versuchsweise an den Ausgängen Feuer entzündet. Der hierbei entstehende Qualm wurde aber durch den Luftzug draußen in den Tunnelgang hineingetrieben, so dass die Gefahr des Erstickens von neuem naherückte. Es gab eben in diesen Tagen keine Möglichkeit mehr, auch nur die primitivsten Lebensbedingungen im Tunnel zu verbessern, und die Leiden der Verwundeten und Kranken, die im Tunnel untergebracht waren und die sich meist kaum bewegen konnten, waren entsetzlich. Hinzu kam, dass alle, der Not gehorchend, ihre Notdurft im Tunnel verrichteten, so dass der Urin auf dem Boden stand und einen üblen Gestank verbreitete.
Ebenso war ein Abfahren allen Unrats aus dem Verbandsstollen und den Latrinen auf der Lorenbahn infolge des an einigen Stellen zerstörten Tunnelganges nicht mehr durchführbar. Ein Rest Rum war Gottseidank noch vorhanden, er diente dazu, wenigstens die trockenen Lippen etwas zu benetzen und den widerlichen Geschmack im Munde zu beseitigen.


Das II./Btl, dessen Gefechtsstärke am 19.08. etwa 120 bis 150 betragen haben mag, blieb zunächst in der 2. Linie und besetzte dort einige Punkte … Der Stab blieb im Tunnel. Am 19.08. nachm. erfolgte ein schwerer Einschlag am Nordausgang des Tunnels, der, wie sich später herausstellte, die im Tunnel untergebrachten Küchen des Regiments begrub. Nach dem Einschlag, als dessen Folge zunächst das elektrische Licht verlöschte, hatte man sofort das Gefühl, das sich etwas besonders Furchtbares ereignet habe. Totenstille herrschte augenblicklich im Tunnel, und man wagte erst nach geraumer Zeit ein Licht anzustecken, um zu sehen, was vorgefallen sei. Es zeigte sich, dass am Nordausgange zu beiden Seiten des Tunnels Mannschaften, wohl Verwundete und Gaskranke, tot umherlagen, wie sie dort gerade gesessen und gelegen haben, sie waren durch das sich nach dem Einschlag entwickelnde Kohlenoxydgas getötet worden. Unter den Gefallenen befand sich leider auch der Besten einer, der Gefr. Bittmann, der sich zum Kaffee-Empfang zu den Küchen begeben hatte.

In der Nacht vom 19. zum 20.08. erhielt ich den Befehl, mit meinem Bataillon in die Hagenstellung zurückzugehen und diese besetzt zu halten. Die Melder, die ich aus dem Tunnel mit entsprechendem Befehl an die Kompagnien sandte, kamen nicht aus dem Tunnel heraus, da das feindliche Gasschießen zu stark war. Kurz nach Mitternacht machte ich mich selbst auf den Weg, begleitet von meinem Adjutanten, Leut. d.R. Ammoneit, Untffz. und den Gefreiten Ernst Wutzkowsky und Fritz Schulz. Wir mußten die mehr als 60 Stufen aus dem Tunnel hinaus im Dunkeln über tote Körper hinwegkriechen. Es waren dies Mannschaften, die bei dem Versuch, den Tunnel zu verlassen, auf der Treppe durch Kohlenoxydgase erstickt liegen geblieben waren.

Weiter schreibt die Regimentsgeschichte über das Unglück im Kronprinzentunnel:

Es bleibt nun noch übrig, das Schicksal des Kronprinzentunnels hier einzufügen, soweit die sich dort abspielende Tragödie in die Geschicke von Regimentsteilen mit hineingreift. Bekanntlich bildete der etwa 1 km lange und drei Meter lange Kronprinzentunnel eine geschätzte Annäherungsmöglichkeit von den Brücken im Forgesgrund zur vorderen Stellung. Er lag im Abschnitt des R.I.R. 20, durfte aber auch von uns benutzt werden. Er barg für unser Regiment einen Sanitätsunterstand sowie in einem besonderen Nebentunnel 5 Küchen. In taktischer Hinsicht war er dem R.I.R. 20 unterstellt. Aufsicht, Ordnung, Besetzung und eventuelle Verteidigung oblag indessen einem Bataillons-Führer dieses Regiments.

Von unserem Regiment hatten sich in den Kampftagen ein Teil der Verwundeten – etwa 60 bis 70 Mann – sowie etwa 350 Gaskranke in den Tunnel begeben. Auch Teile unseres II./Btls., das in der Nacht vom 19. zum 20.08. aus der Stellung zurückbefohlen war, um in der Hagenstellung wieder eingesetzt zu werden, hatten, als sie infolge schwerer Vergasung des ganzen Geländes nicht weiter kamen, den Kronprinzentunnel aufgesucht, so daß sich etwa im ganzen 380 bis 400 Mann des Regiments im Tunnel befanden, ungerechnet das Küchenpersonal der 5 Kompagnieküchen und etwa 100 Mann Essens-, Material- und Munitionsträger des I. und III. Btls. Bereits am 19.08. abends hatten zwei Volltreffer (38er) die an der Abzweigung des Küchentunnels knapp 6 Meter starke Decke durchschlagen. Mit den herabstürzenden Massen des Gesteins, den Geröll- und Erdmassen war der Nordausgang des Tunnels völlig verschüttet und damit den giftigen Oxydgasen der Hauptabzug versperrt, infolgedessen fanden viele Kameraden einen unerwarteten Tod. Aber noch viel furchtbarer wirkte sich der Einbruch der Tunneldecke gegen den Küchentunnel unseres Regiments aus. Er bildete ja den einzigen Zugang zu diesem Sacktunnel, und wenn die Gesteinsmassen nicht schnell genug beseitigt werden konnten, war mit einem Erstickungstode von weiteren 100 Mann zu rechnen, die sich gerade in diesem Nebentunnel befanden. Vom Tunnelkommandanten ist sofort mit der Beseitigung der Erdmassen begonnen worden, aber bei den immer wieder nachstürzenden Erdmassen war es unmöglich, zum Sacktunnel durchzustoßen. Eine Anzahl dort abgeschnittener Kameraden hat sich noch durch einen Wrasenschacht (Anm.: Lüftungsschacht) ins Freie retten können; der größte Teil von ihnen hat aber dort unten sein Grab gefunden.

In tapferem Ausharren, auf Gegenstoß und Entsatz harrend, war es mit dem Rest seiner größtenteils verwundeten, zum Teil gaskranken Kämpfer mit 10 Offizieren und 390 Mann in Gefangenschaft geraten; ferner fielen noch zwei Offiziere, der Btl.-Arzt und etwa 120 Mann des Batls. im Tunnel in die Hände des Gegners. Außerdem gerieten rund 160 Mann des II./ Btls. sowie gegen 90 Mann von den Trägertrupps aller drei Bataillone hierbei in Gefangenschaft.

Der Gallwitz-Tunnel

Der Gallwitz-Tunnel, auch Rabenwald-Tunnel genannt, liegt im nordöstlichen Bereich der Höhe Toter Mann. Der Tunnel führte vom Rabenwald durch die Caurettes-Mulde in das Caurettes-Wäldchen.

Diese Anlage wurde von deutschen Pionieren (Pi-Btl. 7) und Infanteristen der Kampfverbände ab August 1916 im nördlichen Bereich des “Toten Mannes” gegraben und am 3. Mai 1917 durch General von François eingeweiht.

Der Tunnel hatte eine ungefähre Länge von knapp 1000 m, eine Breite von 3 m und eine Höhe von 2,5 m. Für die Soldaten existierten Verbandsräume, Gefechtsstände, Küchen, Maschinenraum, Elektrozentrale, Werkstätten und Unterkünfte. Drei Pferde, die die Tunnelbahn zogen, waren zudem in einem Stall untergebracht. Ventilatoren sorgten für frische Luft; die Elektrozentrale lieferte Beleuchtung.

Nach dem Krieg wurden in den 1920er-Jahren im Gallwitz-Tunnel Schlachtfeld-Touristen herumgeführt. An einem Waldweg wurde ein Besuchereingang angelegt und Teile des Tunnels mit Backsteinen ausgebaut.