Feldpost – Brief des Zugführers Leutnant Johannis an die Eltern
12.12.15
Geehrter Herr Schmidt!
Ihren Dank an die Kameraden, die Ihrem lieben Sohn die letzte Ehre erwiesen haben, habe ich ausgerichtet.
Ihr Sohn war ein sehr wertvolles und sehr geschätztes Mitglied unserer Kompagnie. Stets unverdrossen, immer freundlich, nie verzagend, wenn Schwierigkeiten eintraten. Er war in der ganzen Kompagnie beliebt und hat wohl keinen Feind gehabt. Alle hatten ihn gern. Ich hatte früher den 3. Zug, dem Ihr Sohn als Unteroffizier angehörte. Ich habe diesen Zug wiederholt durch das feindliche Feuer hindurch geführt, und immer war alles gottlob gut gegangen.
Als Ihr Sohn aus dem Urlaub zurück kam, ging ich gerade in Urlaub. Da konnte ich ihm meinen Wagen zur Rückfahrt zur Verfügung stellen.
Wie oft sind Ihr Sohn und ich Schulter an Schulter marschiert. Er hatte sich etwas an mich angeschlossen, legte mir oft wissenschaftliche Fragen vor, die wir auf dem Marsch erörterten. Hier in unseren neuen Wirkungskreise habe ich viele Proben seiner Unerschrockenheit und seines Mutes gesehen. Am 25. Sept. d.J. kämpfte ich an einer anderen Stelle. Als wir Ihren Sohn fanden, drückte unser Hauptmann ihm selbst die Augen zu.
Alles in allem, Ihr Sohn war ein tapferer Soldat und ein guter Kamerad, ein fröhlicher Mensch, der so gern im Kreise der Kameraden ein fröhliches Lied sang, vielen ein Vorbild in Arbeit, Mut und Treue, ein deutscher Mann.
Wie ich hoffe, auch ein Kind Gottes. Ich kann den Schmerz der Eltern nachfühlen, bei uns war der Schmerz fast eben so groß.
Gott der Herr schenke Ihnen Kraft und uns allen Mut und Ausdauer zum Durchhalten.
Mit herzlicher Teilnahme
Ihr ergebener
Johannis
Lt.d.L
3. Komp. Pion-Reg 20
9. Landw. Div.
XVIII. Res.AK
V. Armee